tag:blogger.com,1999:blog-26344170272196537952024-03-14T01:03:05.410-07:00Weitwinkel-BerlinWeitwinkel - Streifzüge durch BerlinAnonymoushttp://www.blogger.com/profile/13287094357124248293noreply@blogger.comBlogger19125tag:blogger.com,1999:blog-2634417027219653795.post-39076024990934578862014-09-26T14:27:00.001-07:002014-09-26T14:36:24.956-07:00Kommentar Kim: Wenn die Welt nicht mehr schlummert<br />
<div style="margin-bottom: 0pt;">
Verzweifelte Gesichter
starren mir von meinem Laptopbildschirm entgegen. Menschen auf der
Desktopoberfläche, deren hilflose Körperhaltung jene Angst ausdrückt, die sie im
Moment des Fotoschusses verspürt haben müssen. Sie sind von vermummten
Gestalten umzingelt. <br />
Ein bisschen Scrollen, ein Foto mit Bierkrug – zehn Tipps
zur Vorbereitung auf das Oktoberfest. Ewas weiter das Bild eines ausgemerzten
Mannes, der auf einem Krankenbett liegt. Die Welt ist verrückt – wer das bestreitet,
hat nie in vollem Bewusstsein seine Facebookchronik durchforscht. <br />
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://4.bp.blogspot.com/-SgX-VlFNXHI/VCXZkWyRPKI/AAAAAAAAATA/HZW1FomM9xw/s1600/562961_web_R_B_by_Corinna%2BDumat_pixelio.de.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" src="http://4.bp.blogspot.com/-SgX-VlFNXHI/VCXZkWyRPKI/AAAAAAAAATA/HZW1FomM9xw/s1600/562961_web_R_B_by_Corinna%2BDumat_pixelio.de.jpg" height="212" width="320" /></a></div>
</div>
<div style="margin-bottom: 0pt;">
<o:p></o:p> Ich stoße auf eine
Onlinepetition gegen Folter, unterschreibe beim synchronen Öffnen einer Email im Posteingang.
Oscar fragt, ob wir morgen ins Kino gehen; Gedanken an aktuelle Hollywoodblockbuster
durchkreuzen die schauderhaften Folter-Assoziationswellen in meinem Kopf. <o:p></o:p></div>
<div style="margin-bottom: 0pt;">
Spiegelonline
konfrontiert mich mit dem verpixelten Foto eines Mannes, der laut Bildunterschrift gerade
hingerichtet wurde. Mein Magen dreht sich um, ich klappe den Laptopbildschirm
zu und eile in die Küche, um den morgendlichen Kaffee aufzusetzen. <br />
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://4.bp.blogspot.com/-RdMLdpFrUb4/VCXZj9JXhMI/AAAAAAAAAS8/XTOROHQXH3w/s1600/239694_web_R_K_by_petplei_pixelio.de.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" src="http://4.bp.blogspot.com/-RdMLdpFrUb4/VCXZj9JXhMI/AAAAAAAAAS8/XTOROHQXH3w/s1600/239694_web_R_K_by_petplei_pixelio.de.jpg" height="218" width="320" /></a></div>
</div>
<div style="margin-bottom: 0pt;">
</div>
<div style="margin-bottom: 0pt;">
Ärger über
die unausgeräumte Spülmaschine verdrängt das unbehagliche Gefühl in der
Magengrube das sich erst wieder beim Zähneputzen regt. Als hätte sich der bittere
Geschmack der unausweichlichen Tatsache, dass in dieser Sekunde irgendwo auf
der Welt Menschen Furcht und Schrecken leiden, in die scharfe Minzpasta gemischt. Man
sollte sich gut überlegen, ob man vor dem ersten Kaffee aktuelles Weltgeschehen
verfolgt. </div>
<div style="margin-bottom: 0pt;">
</div>
<div style="margin-bottom: 0pt;">
Spätestens in der U-Bahn ist
das Gefühl des Unwohlseins verschwunden; ob ich will oder nicht ärgere ich mich
über den belebten Mann neben mir, der geräuschvoll seinen Döner verdrückt.
Träge Gedanken kreisen zu dem Vortrag, den ich nachher halten muss und mein
Magen rumort fast so schlimm wie eben, als ich das Bild des verpixelten Exekutierten
entdeckt habe. Einen Moment lang blitzt die Frage in meinem Innern auf, wie es
sich anfühlen muss, die Kehle durchgeschnitten zu bekommen. Das Berliner
Fenster erlöst mich von meiner fürchterlichen Kurz-Tagesalpträumerei, mit der
Mitteilung, dass Paris Hilton auf die Ananasdiät schwört. Immerhin denke ich nun
ab frisches Obst. </div>
<div style="margin-bottom: 0pt;">
<o:p></o:p><br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://3.bp.blogspot.com/-hDKgEd2nIEI/VCXZludBc2I/AAAAAAAAATY/FORhU-B-3TY/s1600/699442_web_R_K_B_by_Tim%2BReckmann_pixelio.de.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" src="http://3.bp.blogspot.com/-hDKgEd2nIEI/VCXZludBc2I/AAAAAAAAATY/FORhU-B-3TY/s1600/699442_web_R_K_B_by_Tim%2BReckmann_pixelio.de.jpg" height="320" width="213" /></a></div>
</div>
<div style="margin-bottom: 0pt;">
Meine Freundin Ginny steigt
in die U-Bahn, wir halten eine Runde Morgensmalltalk über Uniprofessoren und
das graue Berliner Wetter. Kurz taucht auf dem Bildschirm an der Decke das
selbe Bild der umzingelten Menschen auf, das schon auf Facebook stand und ganz
unvorbereitet werde ich von einem unbekannten Schwall von Ohnmachtsgefühlen
übermannt. <br />
Ich höre nicht mehr, was Ginny sagt, weil mir für einen grauenhaften
Moment vollkommen klar wird, dass es für unzählige Menschen kein Entkommen gibt
von Leid und Schrecken. Ich dagegen habe das Glück, am richtigen Ort zu sein
und mir Gedanken über Univorträge und Ananasdiäten machen zu dürfen. </div>
<div style="margin-bottom: 0pt;">
<o:p></o:p> </div>
<div style="margin-bottom: 0pt;">
Wieso ist die Welt so
schrecklich? Ist sie das überhaupt – oder kommt sie mir gerade nur so vor, weil
ich nach dem Aufstehen von grausigen Bildern überrannt wurde, die mein Weltbild
verzerren?<span style="mso-spacerun: yes;"> </span>Immerhin habe ich heute noch
keinen Bericht von ganz normalen Menschen gelesen, die irgendwo am
Frühstückstisch sitzen, einen Waldspaziergang machen, Bücher lesen oder ihre
Kinder zur Schule fahren. Leute in Kambodscha und Australien und Japan und im
Nachbarhaus, die ihr vollkommen friedliches Leben leben. <br />
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://3.bp.blogspot.com/-PlRPx6yHZ5k/VCXb4y2Qx9I/AAAAAAAAATo/JV9lrRx4LHM/s1600/674597_web_R_K_by_Andreas%2BHermsdorf_pixelio.de.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" src="http://3.bp.blogspot.com/-PlRPx6yHZ5k/VCXb4y2Qx9I/AAAAAAAAATo/JV9lrRx4LHM/s1600/674597_web_R_K_by_Andreas%2BHermsdorf_pixelio.de.jpg" height="213" width="320" /></a></div>
</div>
<div style="margin-bottom: 0pt;">
</div>
<div style="margin-bottom: 0pt;">
Böse war die Welt schon
immer, sagt Ginny – zu allen Zeiten hab es Mord und Folter und Krankheit.
Verrückt kommt uns das vor, weil wir jetzt per Knopfdruck ganz direkten Zugang
zum Grauen haben, während unsere Alltagswelt in Friede, Freude, Eierkuchen
schwelgt.</div>
<div style="margin-bottom: 0pt;">
<o:p></o:p> </div>
<div style="margin-bottom: 0pt;">
Gewalt gibt es also ständig, nur
wenn ich Bilder und Berichte sehe, betrifft es mich plötzlich wie auf mysteriöse Weise und reißt mich
aus lockerleichtem Alltagsgeplätscher. Dabei sterben seit Jahren Menschen in
nordkoreanischen Arbeitslagern und ägyptischen Folterzentren. Doch lassen mich
diese Fakten erschreckend kalt –im Gegensatz zum IS Terror oder
Ebola. Weil ich damit durch meinen Computerbildschirm und das Berliner Fenster konfrontiert werde, Medien katapultieren erschreckende Realität mitten in meine heile Alltagswelt. Dann packt mich plötzlich
ein Anfall von Mitgefühl, so stark fast, als wären es Freunde, die irgendwo da
draußen leiden. Fast ist es, als würden die Zeitungen und Fernsehfilme
unsichtbare Fäden spinnen, die mich mit diesen Menschen verbinden.</div>
<div style="margin-bottom: 0pt;">
<o:p></o:p><br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://3.bp.blogspot.com/-Dw1Ph7BfeEY/VCXZlMNAmEI/AAAAAAAAATU/C18j_jtj7oA/s1600/687508_web_R_K_B_by_I-vista_pixelio.de.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" src="http://3.bp.blogspot.com/-Dw1Ph7BfeEY/VCXZlMNAmEI/AAAAAAAAATU/C18j_jtj7oA/s1600/687508_web_R_K_B_by_I-vista_pixelio.de.jpg" height="213" width="320" /></a></div>
</div>
<div style="margin-bottom: 0pt;">
Wie also weiterleben, wenn
einen die Gewissheit nicht mehr loslässt, dass Böses allgegenwärtig ist, an so
vielen Orten auf der Welt? </div>
<div style="margin-bottom: 0pt;">
<o:p></o:p> </div>
<div style="margin-bottom: 0pt;">
Das Böse gab es immer, zu
jeder Zeit, sagt Ginny. Im Mittelalter, im Nationalsozialismus und überall
dazwischen. Die Welt erscheint uns böse, wenn wir von all dem Schrecken hören,
der geschieht. </div>
<div style="margin-bottom: 0pt;">
</div>
<div style="margin-bottom: 0pt;">
Vielleicht aber bewahrt uns das Hören und Sehen auch davor, die
Augen zu verschließen. Es drängt zum Mitfühlen. Und plötzlich ist da
Verbundenheit. Zu Menschen, die mir fremd sind, die irgendwo leiden auf der
Welt. </div>
<div style="margin-bottom: 0pt;">
<o:p></o:p> </div>
<div style="margin-bottom: 0pt;">
Und zwischen dem
unbehaglichem Magengrummeln, das mein morgendlich geruhsames Kaffeeritual
zerstört, weil Bilder des Schreckens sich in meine belanglosen Gedanken zu
Geschirrspülmaschinen und Univorträgen mischen, irgendwo da beginnt ein Drängen.
Ein Flüstern, das nicht mehr ganz verstummt. Es wispert, dass ich die Augen
nicht lange verschließen kann. Bilder sind unwiderruflich vorhanden. Sie rütteln
eine schlummernde Welt auf. Und drängen zum Weiterdenken, auch wenn bei den Nachrichten der Sportteil beginnt. </div>
<div style="margin-bottom: 0pt;">
</div>
<div style="margin-bottom: 0pt;">
Zum Nachdenken und Mitfühlen. Und zum Handeln gegen das
Übel in der Welt, statt in Alltagsgepläscher zu versinken. Neben Kaffeetrinken und Vorträgen
Verantwortung zu übernehmen, das Leid nicht hinnehmen, das überall geschieht. Bilder lassen nicht mehr los. <br />
Kämpfen gegen das
Böse, das immer schon da war und mir nur plötzlich ganz unmittelbar bewusst
wird. <br />
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://2.bp.blogspot.com/-tbBjriXgjyM/VCXZkCp3EQI/AAAAAAAAATI/P4jobVNvfFQ/s1600/496396_web_R_B_by_Gerd%2BAltmann_ladyoak.com_pixelio.de.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" src="http://2.bp.blogspot.com/-tbBjriXgjyM/VCXZkCp3EQI/AAAAAAAAATI/P4jobVNvfFQ/s1600/496396_web_R_B_by_Gerd%2BAltmann_ladyoak.com_pixelio.de.jpg" height="226" width="320" /></a></div>
<o:p></o:p> </div>
<div style="margin-bottom: 0pt;">
</div>
<div style="margin-bottom: 0pt;">
Alles Leben ist Leid, sagt
mein Freund Savinda, und schafft es trotzdem irgendwie, fast immer heiter zu
sein. Sein Rezept ist Mitgefühl. Vielleicht fange ich langsam an zu verstehen,
was er damit meint.</div>
Anonymoushttp://www.blogger.com/profile/13287094357124248293noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-2634417027219653795.post-46449587936776898052014-07-29T05:38:00.002-07:002014-07-29T05:39:40.220-07:00Kommentar Kim: Zeit im Sommer<br />
<div class="MsoNormal" style="margin: 0cm 0cm 8pt;">
<span style="font-family: Calibri;">Im Sommer scheint die Zeit verrückt zu spielen.<o:p></o:p></span></div>
<br />
<div class="MsoNormal" style="margin: 0cm 0cm 8pt;">
<span style="font-family: Calibri;">Obwohl die Tage so viel länger sind, verrinnen Juni, Juli
und August zwischen den Fingern wie der Schweiß, der sich auf den Hautporen
sammelt. Lauwarme Nächte ziehen vorbei, heiße Nachmittage unterm Schatten der
Sonnenschirme, Morgenstunden in denen ich von Hitze aus dem Bett getrieben
werde. Ein paar Male in den See springen, schon wechselt ein Monat den nächsten
ab.</span></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://3.bp.blogspot.com/-ys5diqQZ39M/U9eUvUk328I/AAAAAAAAASk/saMeK-MOc_Y/s1600/6.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" src="http://3.bp.blogspot.com/-ys5diqQZ39M/U9eUvUk328I/AAAAAAAAASk/saMeK-MOc_Y/s1600/6.jpg" height="213" width="320" /></a></div>
<div class="MsoNormal" style="margin: 0cm 0cm 8pt;">
<span style="font-family: Calibri;"><o:p></o:p></span> </div>
<span style="font-family: Calibri;">Und doch sind da so viele Momente, in denen die Zeit stehen
bleibt. Sich ausdehnt, langsam und genüsslich wie eine große bunte Seifenblase.
Ich ziehe durch Berlin und sehe Menschen in Cafès, schweigend mit der Zunge
über ihre Oberlippe fahrend um den Schaum des Cappucchinos fortzuwischen,
schweigend in die Sonne blinzelnd, mit geschlossenen Augen. Berliner lächeln
plötzlich vor dem Supermarkt, bleiben stehen um dem Motzverkäufer ein paar Cents
zuzustecken, weil sie selber so zufrieden sind. Am Maybachufer liegen Pärchen,
stundenlang aufs schmutzig grüne Wasser starrend. Ich sehe in den wolkenlosen
Himmel und lasse Gedanken vorbeiziehen wie die schwache Brise, die ab und zu
durch die Bäume weht.</span><br />
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://2.bp.blogspot.com/-k6TYLexx6FQ/U9eUujn_yLI/AAAAAAAAASU/hLxELlBy8UM/s1600/4.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" src="http://2.bp.blogspot.com/-k6TYLexx6FQ/U9eUujn_yLI/AAAAAAAAASU/hLxELlBy8UM/s1600/4.jpg" height="240" width="320" /></a></div>
<div class="MsoNormal" style="margin: 0cm 0cm 8pt;">
<span style="font-family: Calibri;"><o:p></o:p></span> </div>
<span style="font-family: Calibri;">Dann sind da die Erinnerungen an vergangene Sommer,
De-Ja-Vùs von ganz genau diesen Momenten. Tagsüber barfuß auf warmem Asphalt schlendern,
abends den Grillen beim Zirpen zuhören, Augenblicke die im Herbst zerplatzen
wie die Seifenblasen auf<span style="mso-spacerun: yes;"> </span>den Open-Airs
auf denen junge, schöne Menschen zu Elektromusik tanzen. So zauberhaft die
Momente auch sind, im Verlauf der Jahre merke ich, dass sie sich wiederholen. Ich
sitze an denselben Orten in der Sonne, wandere durch dieselben warmen Straßen mit
denselben zufriedenen Gedanken, denselben glücklichen Leuten um mich herum. </span><br />
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://2.bp.blogspot.com/-fcs1xYxhrTM/U9eUu5sGuxI/AAAAAAAAASY/IbIQteubXpE/s1600/5.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" src="http://2.bp.blogspot.com/-fcs1xYxhrTM/U9eUu5sGuxI/AAAAAAAAASY/IbIQteubXpE/s1600/5.jpg" height="245" width="320" /></a></div>
<div class="MsoNormal" style="margin: 0cm 0cm 8pt;">
<span style="font-family: Calibri;"><o:p></o:p></span> </div>
<span style="font-family: Calibri;">Manchmal überkommt mich im Sommer diese seltsame
Melancholie. Weil ich merke, wie schnell die Zeit verrinnt und dass sich wenig
wirklich ändert. Vielleicht wäre es Zeit für etwas Neues. Endlich das
verwirklichen, wovon ich träume, wenn das Gras mich an den Füßen kitzelt und
ich mein Gesicht dem Licht entgegenstrecke. Die langen Tage nutzen, um große
Pläne zu realisieren. Handeln statt Momente auszudehnen. Kreativ sein statt nur
dazusitzen und zu tanzen. </span><br />
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://3.bp.blogspot.com/-lqr2pxGYAto/U9eUtla5lUI/AAAAAAAAASE/ow13qItT_Tw/s1600/2.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" src="http://3.bp.blogspot.com/-lqr2pxGYAto/U9eUtla5lUI/AAAAAAAAASE/ow13qItT_Tw/s1600/2.jpg" height="240" width="320" /></a></div>
<div class="MsoNormal" style="margin: 0cm 0cm 8pt;">
<span style="font-family: Calibri;"><o:p></o:p></span> </div>
<span style="font-family: Calibri;">Im Sommer überkommt mich das Gefühl, die stehen gebliebene
Zeit im richtigen Augenblick ergreifen zu müssen, weil sie vorbeizieht wie ein
rasender Zug. Träume in Realität verwandeln, weil das belanglose Träumen unter
wolkenlosem Himmel mir die Kraft schenkt, Träume zu verwirklichen. Ein Paradox.
Savinda sagte mal, Zeit sei eine Illusion. Vielleicht entblößt sich der
Charakter ihres Scheins in der Verrücktheit, die Zeit im Sommer zu spielen
scheint.<o:p></o:p></span><br />
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://4.bp.blogspot.com/-8ZU6o5VlLwI/U9eUtjaZLHI/AAAAAAAAASM/VFGUEmauV64/s1600/1.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" src="http://4.bp.blogspot.com/-8ZU6o5VlLwI/U9eUtjaZLHI/AAAAAAAAASM/VFGUEmauV64/s1600/1.jpg" height="227" width="320" /></a></div>
Anonymoushttp://www.blogger.com/profile/13287094357124248293noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-2634417027219653795.post-80336659955740018742014-07-17T01:11:00.001-07:002014-07-18T01:22:28.834-07:00Streifzug Kim: Und der Ball rollt ins Netz<br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"></span><span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">Schon lange habe ich nicht mehr so viele Menschen weinen sehen, wie in den letzten paar Wochen. Mal waren es Freudentränen, mal Sturzbäche der Enttäuschung, manchmal aufrichtige, bodenlose Verzweiflung die einem das Herz zerschnitt. Gleiches gilt für Freude und Jubel. Springende Menschen die sich in die Arme fallen, Entzückungsschreie, fassungsloses Staunen vor Entzückung. Selbst die sonst so lässig-gleichgültigen Gesichtsausdrücke der Berliner sind wie verzaubert. Dabei ist es nur ein kleiner Ball, der ins Tor rollt. </span></span><br />
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://3.bp.blogspot.com/-cOXzS_iFsFM/U8eBK-sripI/AAAAAAAAARk/tugWm0mlBWo/s1600/288606_web_R_K_B_by_Stephanie++Hofschlaeger_pixelio.de.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="165" src="https://3.bp.blogspot.com/-cOXzS_iFsFM/U8eBK-sripI/AAAAAAAAARk/tugWm0mlBWo/s1600/288606_web_R_K_B_by_Stephanie++Hofschlaeger_pixelio.de.jpg" width="200" /></a></div>
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;"><br /></span></span>
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"></span><span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">Die Fußball-WM verwandelt die Welt um mich herum, so viel steht fest. </span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;"><br /> Abgesehen von dem Mehr an öffentlich ausgedrückten Gefühlen im sonst so emotionslosen Alltagsleben, das man in Berlin normalerweise mit bewusst ausdrucksloser Mine durchschreitet - eine Mine auf die man hier sehr stolz ist und die sich selbst durch Nachrichten von katastrophalsten Kriegsgeschehen und Naturkatastrophen im Berliner Fenster höchstens durch ein kurzes Stirnrunzeln erschüttern lässt - abgesehen davon gibt es plötzlich auch ein Gesprächsthema, dass sich durch alle Sphären der Stadt zieht. </span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">Ob in nächtlichen U-Bahnschächten, tags an der Straße des 17. Juli oder in den Vorlesungssälen der Uni, überall wird das letzte Tor von Müller und die Flanke von Schweini kommentiert. </span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">Normalerweise ist es schon eine Herausforderung, bei Familienbesuchen ein Thema zu finden, das fünf Leute am Tisch halbwechs interessiert – jetzt liefert jedes neue Deutschlandspiel Gesprächsstoff für ganze Nächte. </span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">Wie eine eigenartige Seuche hat sich die Präsenz der Weltmeisterschaft unsichtbar in der Stadt ausgebreitet und alle infiziert. </span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">Selbst diejenigen, die sich explizit als Anti beschreiben, selbst die lassen es sich nicht nehmen, bei beliebiger Gelegenheit das Thema Fußball anzuschneiden, um die Gründe für ihre Anti-Haltung mit der größten Inbrunst politischer Überzeugung darzulegen. </span></span><br />
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://1.bp.blogspot.com/-4k9BkdZpCfE/U8d71LQoSlI/AAAAAAAAAQk/UjvCtngpnso/s1600/505374_web_R_by_Thomas+Siepmann_pixelio.de.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="133" src="https://1.bp.blogspot.com/-4k9BkdZpCfE/U8d71LQoSlI/AAAAAAAAAQk/UjvCtngpnso/s1600/505374_web_R_by_Thomas+Siepmann_pixelio.de.jpg" width="200" /></a></div>
<br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">Meine Freundin Ginny zählt zu diesen Menschen. </span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">„Ich kann den Fussball-Hype so was von gar nicht verstehen“, betont sie und schaut mit geringschätzigem Blick einem Mann hinterher, der sich von oben bis unten mit einem rot-weiß-gold gestreiften Samtstoff verhüllt hat.</span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;"><br />Wir sitzen in einem Cafè am Mehringdamm in Kreuzberg. </span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">Oscar lauscht wie gebannt dem Moderator aus einem der Fernsehbildschirme um uns herum. Das muntere Geplapper vermischt sich mit dem Lärm der vorbeirauschenden Autos. </span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">Neben ihm beobachtet Savinda eine Gruppe Halbwüchsiger, die singend vorbeiziehen. </span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;"><br />„Deutschlaand, Deutschlaand….“</span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;"><br /></span></span> <br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">Ginny funkelt verärgert ihren wehenden Fahnen hinterher. „Echt, wenn die sich mal für irgendwas anderes so einsetzen würden wie für Fußball. Diese ganzen Massen… Die Welt wäre dann so was von anders!“</span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;"><br /></span></span>
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">Oscar wirft ihr einen kurzen, spöttischen Blick zu. „Und für was sollten sie sich bitte einsetzen?“</span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;"><br /></span></span> <br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">„Keine Ahnung, könnte ja wohl alles sein, was in der Welt verdammt noch mal scheiße läuft.“ Sie klopft mit ihrer Mateflasche auf den Tisch. „Flüchtlingsrechte zum Beispiel.“</span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;"><br /></span></span>
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">„Ach ja, und bei dem Thema wären sich alle einig, für was man auf die Straße gehen sollte, ja?“ </span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">Oscar starrt wieder auf den Fernseher, auf dem jetzt ein Meer aus Deutschlandfahnen zu sehen ist. Von nackten Armen werden sie in die Höhe geschwenkt. </span></span><br />
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://4.bp.blogspot.com/-8_2Rbx1ctps/U8d838hoQjI/AAAAAAAAAQ4/b0dOaCp-Lbo/s1600/76045_web_R_K_B_by_Jens+Zehnder_pixelio.de.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" src="http://4.bp.blogspot.com/-8_2Rbx1ctps/U8d838hoQjI/AAAAAAAAAQ4/b0dOaCp-Lbo/s1600/76045_web_R_K_B_by_Jens+Zehnder_pixelio.de.jpg" height="149" width="200" /></a></div>
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;"> </span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">„Armutseinwanderung, Sozialschmarotzer, Wachstumgsgefahr… die Debatten gibt’s alle nicht, oder wie? Nö, alles sind sich einig, dass man für mehr Flüchtlingsrechte kämpfen sollte. Tzz.“ </span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">Er pfeift durch die Zähne. „Wenn die Leute anfangen würden, sich darüber einer Meinung zu sein, für was man kämpfen sollte, dann wäre die Welt sowieso anders.“ </span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;"><br /></span></span>
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;"> Ich sehe meinen Freund interessiert an. „Meinst du, deshalb sind alle so begeistert vom Fußball? Weil es eine Sache ist, in der es keine“, ich suche kurz nach dem richtigen Wort, „moralischen Konflikte gibt?“</span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;"><br /></span></span>
<br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">Ginny beginnt, laut zu husten.</span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;"><br /></span></span>
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">„Kann sein. Auf jeden Fall ist es heutzutage das einzige, das alle irgendwie zusammenhält, oder?“</span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;"><br /></span></span> <br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">Ich muss eine Weile über Oscars Worte nachdenken. Tatsächlich ist es doch faszinierend, dass diese Weltmeisterschaft so viele Menschen berührt. </span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">Ich schaue ein paar Mädchen mit grell blondierten Haaren hinterher, die im Chor „Schalalalala“ gröhlen. </span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">Zwei ältere Damen mit Plüschhüten in Deutschlandfarben auf dem Kopf schlendern vorbei. </span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">Ein flanierendes Paar in Krawatte und Stöckelschuhen bleibt stehen und späht auf den Fernsehbildschirm. </span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">So verschiedene Menschen aus den verwegensten und verwinkelsten Ecken der Gesellschaft, und alle fiebern sie mit. Nur weil ein paar Spieler ein Spielchen spielen. </span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">Was ist es, das uns alle an der Weltmeisterschaft begeistert? Oder sind wir deshalb so begeistert, weil sie alle bewegt? </span></span><br />
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://3.bp.blogspot.com/-SK5PWT0Q6jM/U8d9d2neP1I/AAAAAAAAAQ8/HE0WpsyeUAA/s1600/236715_web_R_K_by_William+Veder_pixelio.de.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="150" src="https://3.bp.blogspot.com/-SK5PWT0Q6jM/U8d9d2neP1I/AAAAAAAAAQ8/HE0WpsyeUAA/s1600/236715_web_R_K_by_William+Veder_pixelio.de.jpg" width="200" /></a></div>
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"></span><span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;"><br /></span></span>
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"></span><span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">Was sonst reist so viele Menschen mit? </span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">Schulunterricht fällt aus, Arbeitszeit wird abgesagt, bloß weil irgendein Halbfinale stattfindet. In der Bar am Kottbusser Tor gibt es Umsonst-Shots für alle, wenn Deutschland ein Tor schießt. </span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">Die gewöhnlichen Regeln des Alltags werden für kurze Zeit ausgesetzt und durch Spielregeln ersetzt. </span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;"><br />Nicht nur in dieser Stadt, sondern in weiten Teilen auf der Welt! </span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;"><br /></span></span> <br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">„Wir leben in the Postmoderne“, hat mein Künstlerfreund Dave neulich gesagt, „where everything goes. Alles driftet auseinander. Glauben, Religion, Lebenskonzepte, Vorstellungen… Jeder lebt in seiner eigenen Welt.“</span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;"><br />Vielleicht hat Dave Recht – ist Fußball deshalb so populär? </span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">Weil es das einzige übriggebliebene Teilchen ist im zerrüttelten Mosaik der globalisierten Welt, das alle irgendwie verbindet? </span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">Ein Symbol, an das wir uns inmitten unserer individualisierten, postmodernen Einsamkeit festklammern? </span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;"><br /></span></span>
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">Aber wieso? Wieso gerade diese Sportweltmeisterschaft? </span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">Weil Fußball so einfach ist? Ein Ball, ein Tor und klare Regeln. Ein Gewinner und ein Verlierer. </span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">Es gibt weder moralische Debatten noch aufeinanderprallende Überzeugungen um die man streiten muss. </span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">Das Konzept ist gesetzt und unverwüstlich, wie ein gottgegebenes Gesetz, an das alle glauben.</span></span><br />
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://3.bp.blogspot.com/-4b2Oo17Lya0/U8d-nkKiLXI/AAAAAAAAARI/Mgpl1XNr2yM/s1600/496396_web_R_B_by_Gerd+Altmann_ladyoak.com_pixelio.de.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="141" src="https://3.bp.blogspot.com/-4b2Oo17Lya0/U8d-nkKiLXI/AAAAAAAAARI/Mgpl1XNr2yM/s1600/496396_web_R_B_by_Gerd+Altmann_ladyoak.com_pixelio.de.jpg" width="200" /></a></div>
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;"><br /></span></span>
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"></span><span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">„Als ob das so wäre“, brummt Ginny und reißt mich aus meinen Gedanken. „Als ob es beim Fußball nicht um Moral und Politik gehen würde – das wird doch bloß verdrängt. Habt ihr die ganzen Proteste nicht gesehen, in Brasilien, wo die Menschen auf die Straße gehen, weil Millionen in neue Fußballstadien gesteckt werden statt in Krankenversorgung für die Leute in den Vawelas?“</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;"><br />„Das ist traurig“, nickt Savinda betrübt. </span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;"><br />„Und trotzdem siehst sogar du dir die Fußballspiele an!“ Ginny wirft ihm einen vorwurfsvollen Blick zu. „Dabei sollte man die Spiele boykottieren!“ Sie dreht dem Fernseher neben ihr demonstrativ den Rücken zu, ein nicht besonders erfolgreich Unterfangen, weil sie sich damit gleich zum nächsten Bildschirm gegenüber wendet.</span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;"><br /></span></span> <br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">„Aber es ist einfach so schön, wenn alle Menschen sich gemeinsam freuen.“ Savinda hebt entschuldigend die Arme, sein gelber Umhang flattert im Wind. „Dieser Jubel, der alle vereint. Egal, wer um einen herum ist, in dem Moment, in dem der Ball ins Tor schießt – da freuen sich alle zusammen. Plötzlich gibt es keine Trennung mehr.“ Savindas Augen blitzen. „Zwischen meiner und deiner Freude, verstehst du?“</span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;"><br /></span></span> <br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">Eine feine Gänsehaut kribbelt mir über den Arm. Wahrscheinlich hat Savinda Recht. </span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">Es ist ein schönes Gefühl, sich mit so vielen Menschen zusammen über eine Sache zu freuen. Aufzugehen in der geteilten Euphorie einer Masse. Teil von etwas Großem zu sein. </span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">Auch wenn es nur wegen eines kleinen Balles in einem Netz ist. </span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">Wahrscheinlich ist der Auslöser für dieses Massenphänomen wirklich egal, der Ball ist eine Metapher. </span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">Was zählt, ist das Gefühl der reinen, kollektiven Freude im Moment des Jubels. </span></span><br />
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://3.bp.blogspot.com/-VbTl2mvAYpo/U8d_Si2VhTI/AAAAAAAAARQ/aEvOrHkBjlM/s1600/259375_web_R_by_Thomas+K%C3%B6lsch_pixelio.de.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="133" src="https://3.bp.blogspot.com/-VbTl2mvAYpo/U8d_Si2VhTI/AAAAAAAAARQ/aEvOrHkBjlM/s1600/259375_web_R_by_Thomas+K%C3%B6lsch_pixelio.de.jpg" width="200" /></a></div>
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;"><br /></span></span>
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"></span><span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">„Aber es wäre doch so viel besser, sich über irgendetwas anderes zu freuen.“ Ginny lässt nicht locker. „Warum gerade über die Herren-Fußball-Weltmeisterschaft? Ein primitives Spiel? Da geht’s doch um nichts! Warum ist es plötzlich wichtig, wer so ein bescheuertes Spiel gewinnt?“</span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;"><br /></span></span> <br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">„Du denkst viel zu rational, Ginny“, meint Savinda streng. </span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">„Es geht nicht um Sinn und Zweck. Glaub mir, in dem Moment, in dem dieser Löwe“ (er deutet auf den Fernsehbildschirm, wo ein Mann im Anzug entzückt die Fäuste in die Luft schlägt) „in dem der sich so freut, da geht es nicht ums Geld oder um seinen Beruf oder die Angst, ihn zu verlieren, wenn seine Mannschaft nicht gut spielt. Zukunftsgedanken spielen da gar keine Rolle mehr.“ </span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">Savinda schüttelt bedeutungsvoll den Kopf, seie lagen grauen Haare fliegen hin und her. </span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">„Es geht um den Augenblick. Das, was in dem Moment passiert, das kannst du nicht mit der üblichen Mittel-Zweck-Logik erklären.“ </span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">Savinda lächelt begeistert in sich hinein. „Das ist ja das Tolle.“ Er schlürft an seinem Mango Lassi Getränk und murmelt dabei schmatzend: „Fußball erinnert uns daran, dass es noch eine andere Logik gibt als die, die wir im Alltag kennen.“</span></span><br />
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://4.bp.blogspot.com/-uipPfTenULM/U8eBjsGbqNI/AAAAAAAAAR0/DyZ0JIgKFcg/s1600/687680_web_R_B_by_Rudolpho+Duba_pixelio.de.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="150" src="https://4.bp.blogspot.com/-uipPfTenULM/U8eBjsGbqNI/AAAAAAAAAR0/DyZ0JIgKFcg/s1600/687680_web_R_B_by_Rudolpho+Duba_pixelio.de.jpg" width="200" /></a></div>
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;"><br /></span></span>
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"></span><span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">„Trotzdem“, beharrt Ginny eindringlich, „dieser ganze Nationalismus! Leute, die plötzlich Deutschland gröhlen, das ist doch scheiße! Das kannst du doch nicht einfach ausblenden.“ </span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"></span><span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;"><br />Im Fernsehen wird eine Gruppe von Männern mit Bierflaschen in der Hand gezeigt, die sich Deutschland auf die Stirn gepinselt haben. Der eine brüllt mit hochrotem Kopf: „So sehen Sieger aus, Schalalalala...“ </span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;"><br />„Mit solchen Asis zusammen will ich mich überhaupt nicht freuen. Und dieser aufflammende Nationalismus macht mir Angst. Gerade bei der Deutschen Vergangenheit!“</span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;"><br /></span></span>
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">„Mann, Ginny – wieso sitzt du überhaupt hier, wenn du alles so scheiße findest“, sagt Oscar genervt. „Wehe, du machst das auch während dem Spiel….“</span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;"><br /></span></span>
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">„Was soll in denn sonst um diese Uhrzeit machen“, meint Ginny beleidigt – „alle schauen Fussball, überall. Es gibt kein Entkommen. Wisst ihr was – ich wette, die Leute würden den ganzen Hype gar nicht mitmachen, wenn sie nicht ständig dazu genötigt würden. Ich sage euch, wenn plötzlich überall – der Schutz des Regenwaldes, oder irgend so was – wenn es da plötzlich Songs und Werbung und den ganzen Scheiß gäbe, da würden alle genauso drauf abgehen! Das ist alles Manipulation von oben!“ </span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">Sie schnipst in die Finger, wie um ihre Worte geräuschvoll zu untermalen. „Die Leute wollen, dass wir uns für Fußball interessieren, damit wir die wichtigen Sachen vergessen. Und wir machen alle mit! Und produzieren dazu noch mehr Nationalismus, als gäbe es davon nicht schon genug.“</span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;"><br /></span></span> <br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://1.bp.blogspot.com/-J-F_MQeXWIg/U8eBV2w8jYI/AAAAAAAAARw/zT3TwBwmYx4/s1600/247260_web_R_by_Hans-Peter+Reichartz_pixelio.de.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" src="http://1.bp.blogspot.com/-J-F_MQeXWIg/U8eBV2w8jYI/AAAAAAAAARw/zT3TwBwmYx4/s1600/247260_web_R_by_Hans-Peter+Reichartz_pixelio.de.jpg" height="132" width="200" /></a></div>
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"></span><span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">„Na und“, sagt Oscar, „so ist das eben. Der Mensch ist nationalistisch. Wir brauchen was, mit dem wir uns identifizieren. Familie, Ethnie, Nation - so ist das eben. Wieso versuchst du eigentlich ständig, die Natur des Menschen zu ändern? Sei doch froh, dass der Nationalismus beim Fußball so friedlich ausgetragen wird. Nicht wie im Irak, wo die Menschen sich wegen so was die Köpfe einschlagen.“</span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;"><br /></span></span> <br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">Savinda schüttelt heftig den Kopf. „Es gehört sicher nicht zur Natur des Menschen, sich mit einer bestimmten Gruppe zu identifizieren. Da muss ich Ginny aber Recht geben.“</span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;"><br /></span></span>
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">„Da glaube ich aber schon“, meint Oscar.</span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;"><br /></span></span>
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">„Aber nein. Das ist alles Illusion. Künstliche Trennung in unseren Köpfen!“ Savinda stößt einen Seufzer aus. </span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">„Diese ganze Weltmeisterschaft zeigt doch, was für ein großes Potential in unserer Welt steckt. Möglichkeiten der Verbindung von Menschen! Etwas neues Erleben, das nicht unserer normalen Logik entspricht.“ </span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">Sein Gesicht erhellt sich. „Stellt euch vor, das gäbe es irgendwann auch unabhängig vom Fußball. Ohne Trennung zwischen Nationen, ohne Anlass durch gesetzte Regeln von diesem Fpfiffa-Verein.“</span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;"><br /></span></span> <br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">„Fifa“, knurrt Ginny.</span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;"><br /></span></span> <br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">Das Spiel beginnt. Am Ende jubeln wir und in dem Moment, in dem die ganze Straße aufschreit, in dem mir der unbekannte alte Mann neben mir glücklich auf die Schultern klopft und Oscar kleine Sprünge macht, in dem Moment wo mein Herz rast und mich grenzenlose Freude durchströmt, obwohl mir dieser Ball im Tor doch eigentlich egal ist, da wünsche ich mir nichts sehnlicher, als dass ich diesen Augenblick festhalten kann. Ich will die Zeit, die plötzlich still steht festhalten, einfangen, um irgendwann wieder eine Prise davon zu verteilen. </span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">In überfüllten U-Bahnhöfen am Morgen oder den Warteräumen vor dem Jobcenter. Ich verspüre eine tiefe Sehnsucht danach, dass das, was Savinda sagt, wahr wird. Dass es Momente wie diese auch ohne Fußball gibt. </span></span><br />
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;">Wieso kann die Welt nicht immer so sein, wie wenn der Ball ins Tor rollt? </span></span><br />
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://2.bp.blogspot.com/-2-edc1YL2Cs/U8eAolFTe-I/AAAAAAAAARc/TXY4u4GbyJQ/s1600/510927_web_R_K_B_by_juli.g%C3%A4nsebl%C3%BCmchen_pixelio.de.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="150" src="https://2.bp.blogspot.com/-2-edc1YL2Cs/U8eAolFTe-I/AAAAAAAAARc/TXY4u4GbyJQ/s1600/510927_web_R_K_B_by_juli.g%C3%A4nsebl%C3%BCmchen_pixelio.de.jpg" width="200" /></a></div>
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;"><br /></span></span>
<span style="font-family: Verdana,sans-serif;"><span style="font-size: small;"><br /></span></span> <br />
<br />
<!-- Blogger automated replacement: "https://images-blogger-opensocial.googleusercontent.com/gadgets/proxy?url=http%3A%2F%2F3.bp.blogspot.com%2F-SK5PWT0Q6jM%2FU8d9d2neP1I%2FAAAAAAAAAQ8%2FHE0WpsyeUAA%2Fs1600%2F236715_web_R_K_by_William%2BVeder_pixelio.de.jpg&container=blogger&gadget=a&rewriteMime=image%2F*" with "https://3.bp.blogspot.com/-SK5PWT0Q6jM/U8d9d2neP1I/AAAAAAAAAQ8/HE0WpsyeUAA/s1600/236715_web_R_K_by_William+Veder_pixelio.de.jpg" --><!-- Blogger automated replacement: "https://images-blogger-opensocial.googleusercontent.com/gadgets/proxy?url=http%3A%2F%2F2.bp.blogspot.com%2F-2-edc1YL2Cs%2FU8eAolFTe-I%2FAAAAAAAAARc%2FTXY4u4GbyJQ%2Fs1600%2F510927_web_R_K_B_by_juli.g%25C3%25A4nsebl%25C3%25BCmchen_pixelio.de.jpg&container=blogger&gadget=a&rewriteMime=image%2F*" with "https://2.bp.blogspot.com/-2-edc1YL2Cs/U8eAolFTe-I/AAAAAAAAARc/TXY4u4GbyJQ/s1600/510927_web_R_K_B_by_juli.g%C3%A4nsebl%C3%BCmchen_pixelio.de.jpg" --><!-- Blogger automated replacement: "https://images-blogger-opensocial.googleusercontent.com/gadgets/proxy?url=http%3A%2F%2F3.bp.blogspot.com%2F-4b2Oo17Lya0%2FU8d-nkKiLXI%2FAAAAAAAAARI%2FMgpl1XNr2yM%2Fs1600%2F496396_web_R_B_by_Gerd%2BAltmann_ladyoak.com_pixelio.de.jpg&container=blogger&gadget=a&rewriteMime=image%2F*" with "https://3.bp.blogspot.com/-4b2Oo17Lya0/U8d-nkKiLXI/AAAAAAAAARI/Mgpl1XNr2yM/s1600/496396_web_R_B_by_Gerd+Altmann_ladyoak.com_pixelio.de.jpg" --><!-- Blogger automated replacement: "https://images-blogger-opensocial.googleusercontent.com/gadgets/proxy?url=http%3A%2F%2F3.bp.blogspot.com%2F-VbTl2mvAYpo%2FU8d_Si2VhTI%2FAAAAAAAAARQ%2FaEvOrHkBjlM%2Fs1600%2F259375_web_R_by_Thomas%2BK%25C3%25B6lsch_pixelio.de.jpg&container=blogger&gadget=a&rewriteMime=image%2F*" with "https://3.bp.blogspot.com/-VbTl2mvAYpo/U8d_Si2VhTI/AAAAAAAAARQ/aEvOrHkBjlM/s1600/259375_web_R_by_Thomas+K%C3%B6lsch_pixelio.de.jpg" --><!-- Blogger automated replacement: "https://images-blogger-opensocial.googleusercontent.com/gadgets/proxy?url=http%3A%2F%2F1.bp.blogspot.com%2F-4k9BkdZpCfE%2FU8d71LQoSlI%2FAAAAAAAAAQk%2FUjvCtngpnso%2Fs1600%2F505374_web_R_by_Thomas%2BSiepmann_pixelio.de.jpg&container=blogger&gadget=a&rewriteMime=image%2F*" with "https://1.bp.blogspot.com/-4k9BkdZpCfE/U8d71LQoSlI/AAAAAAAAAQk/UjvCtngpnso/s1600/505374_web_R_by_Thomas+Siepmann_pixelio.de.jpg" --><!-- Blogger automated replacement: "https://images-blogger-opensocial.googleusercontent.com/gadgets/proxy?url=http%3A%2F%2F4.bp.blogspot.com%2F-uipPfTenULM%2FU8eBjsGbqNI%2FAAAAAAAAAR0%2FDyZ0JIgKFcg%2Fs1600%2F687680_web_R_B_by_Rudolpho%2BDuba_pixelio.de.jpg&container=blogger&gadget=a&rewriteMime=image%2F*" with "https://4.bp.blogspot.com/-uipPfTenULM/U8eBjsGbqNI/AAAAAAAAAR0/DyZ0JIgKFcg/s1600/687680_web_R_B_by_Rudolpho+Duba_pixelio.de.jpg" --><!-- Blogger automated replacement: "https://images-blogger-opensocial.googleusercontent.com/gadgets/proxy?url=http%3A%2F%2F3.bp.blogspot.com%2F-cOXzS_iFsFM%2FU8eBK-sripI%2FAAAAAAAAARk%2FtugWm0mlBWo%2Fs1600%2F288606_web_R_K_B_by_Stephanie%2B%2BHofschlaeger_pixelio.de.jpg&container=blogger&gadget=a&rewriteMime=image%2F*" with "https://3.bp.blogspot.com/-cOXzS_iFsFM/U8eBK-sripI/AAAAAAAAARk/tugWm0mlBWo/s1600/288606_web_R_K_B_by_Stephanie++Hofschlaeger_pixelio.de.jpg" -->Anonymoushttp://www.blogger.com/profile/13287094357124248293noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-2634417027219653795.post-20482786148670172992013-10-02T00:14:00.000-07:002013-10-02T00:16:00.734-07:00Kommentar Kim: Über die Komplexität der Welt<div style="margin-bottom: 0cm;">
Wenn ich versuche, den Zeitgeist in dem
ich gerade lebe zu beschreiben, so würde ich ihn mit dem Wort
<i>Komplexität</i> wohl am besten fassen. Wir Menschen, so scheint
es, stehen an der Spitze unserer Entwicklung und müssen gleichzeitig
mit der Unmöglichkeit kämpfen, all die Erkenntnisse unserer Zeit zu
verarbeiten und mit ihnen zu leben.
</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Die Naturwissenschaften haben uns durch
die Entwicklung von Technik und durch die Ergebnisse ihrer
Untersuchungen ein unüberschaubares Maß an Wissen ermöglicht, zu
dem wir theoretisch alle Zugang haben.
</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Wir leben im Zeitalter der
Globalisierung, die viele kleine Teile miteinder vernetzt. Durch
Medien, Zeitung, Fernsehen, durch moderne Kommunikation, durch
Internet und Telefon, durch Transportmöglichkeiten mit denen wir in
kürzester Zeit um den Globus reisen können, durch all das können
wir, so scheint es, die Welt überblicken. Die Welt im Großen und
Ganzen sehen. </div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://3.bp.blogspot.com/-S9sT7lR8cUc/UkvFsL0D7YI/AAAAAAAAAPo/7H2lrV4rVWc/s1600/579603_web_R_by_Dieter+Sch%C3%BCtz_pixelio.de.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" src="http://3.bp.blogspot.com/-S9sT7lR8cUc/UkvFsL0D7YI/AAAAAAAAAPo/7H2lrV4rVWc/s1600/579603_web_R_by_Dieter+Sch%C3%BCtz_pixelio.de.jpg" height="150" width="200" /></a></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Wir beobachten im Fernsehen die
Gräultaten in Syrien, wir chatten mit Freunden in den USA, wir sehen
Livestreams von Demonstrationen in Istanbul. Wir lesen, dass die
Neurobiologie festgestellt hat, dass es letztendlich keine freien
Gedanken und Ideen gibt, denn alle geistigen Zustände basieren
letztendlich auf chemischen Prozessen im Gehirn. Wir hören von der
Wirtschaftskrise, von Krieg und Hunger, wir lesen, dass das Universum
12 Milliarden Jahre alt ist und der Mensch nur einen minimalen
Augenblick davon existiert. Auf der Straße begegnen uns die
unterschiedlichsten Lebenskonzepte, Väter die Kinderwägen schieben,
Karrierefrauen mit I-Phone am Ohr, Yogimeister die von Erleuchtung
sprechen, Motzverkäufer vor dem Supermarkt. Man spricht von Werten
wie Ehre, Religion und Freiheit und Selbstbestimmung. In der Schule
lernen wir, dass der Mensch vom Affen abstammt und entscheiden
zwischen Ethik und Religionsunterricht. Jeder beliebige Begriff, den
wir bei Google eintippen, liefert uns in Sekundenschnelle eine
Erklärung. Wir können so viel wissen und hören so viel.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Und ich bin ich ein Mensch mit einem
Alltag in Berlin. Ich gehe zur Uni, ich treffe Freunde, ich blättere
in Zeitschriften um mich über belanglosen Tratsch zu amüsieren. Ich
schaue jeden Abend die Tagesschau, habe vage Pläne für die Zukunft,
will einen Job mit Prestige und Geld verdienen, vielleicht eine
Familie gründen, irgendwie die Welt verbessern. Ich stehe jeden Tag
auf, trinke Fairtrade Kaffee und Biomilch aus Rücksicht auf meine
Umwelt, ich kaufe Essen im Discounter um Geld zu sparen, ich sitze im
Park und genieße die Sonne, ich treibe Sport um nicht zuzunehmen,
ich diskutiere in der Uni über große Weltprobleme, ich schaue Filme
über Israel und sehe mir im Kino Komödien an. Das ist meine
Lebenswirklichkeit.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://1.bp.blogspot.com/-7JAk5ot-5cs/UkvF3Wxt2aI/AAAAAAAAAPw/JzQSUrbTLzs/s1600/DSCF3995.JPG" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" src="http://1.bp.blogspot.com/-7JAk5ot-5cs/UkvF3Wxt2aI/AAAAAAAAAPw/JzQSUrbTLzs/s1600/DSCF3995.JPG" height="150" width="200" /></a></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Die Welt, in der ich lebe, scheint sich
irgendwie in zwei Extreme aufzuteilen. Es gibt die große Welt da
draußen, mit dem Wissen der Naturwissenschaften, mit Kriegen und
Debatten, der philosophischen Erkenntnis dass Gott tot und Sinn
höchstens subjektiv ist. Und es gibt meinen kleinen Alltag, in dem
mir wichtig ist, was ich heute Abend esse, ob ich auf einer Party
jemanden kennen lerne, was ich morgens anziehe und wann ich die
nächste Hausarbeit endlich abgeben kann.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Wie könnte man diese großen Extreme
besser auffassen als mit dem Wort Komplexität?</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Die Welt ist komplex und weil wir all
das Wissen, zu dem wir irgendwie Zugang haben, nicht verarbeiten und
unmöglich alles selbst verstehen können, verlassen wir uns auf die
Worte von Experten. Experten haben die Eigenschaft, vermeintlich
verworrene Dinge als bündige Fakten in abgeschlossenen Einheiten zu
präsentieren. Die Wirtschaftskrise, der Klimawandel, die Wirkung vom
Gehirn auf unsere geistigen Zustände, Kriegsberichte aus Afrika, die
Entstehung des Universums. Überall liefern uns Experten scheinbar
abgeschlossene und vollständige Erklärungen. </div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Sobald man ein bisschen genauer
hinsieht, erkennt man, dass die großen Fragen bleiben. Alle Theorien
weisen Lücken auf – je komplizierter die Begriffe, desto
verworrener die Bedeutungsmasse, auf die sie hinweisen. Letztendlich
also viel Schall und Rauch. Der Klimawandel ist eigentlich nur ein
Diskurs, Kriegsberichte stellen bloß subjektive Erfahrungen
einzelner Reporter da, Statistiken basieren auf Stichproben geringer
Anzahlen von Menschen, wir können bloß Korrelationen zwischen
Emotionen und Gehirnströmen messen, die Evolutionstheorie weist
Lücken im Sprung vom Affen zum Menschen auf, die Urknalltheorie
basiert auf Grundannahmen die sich letztendlich nicht beweisen
lassen, es gibt Placeboeffekte, Nahtoderfahrungen und
Selbstheilungsprozesse die niemand versteht. </div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://1.bp.blogspot.com/-8i5--1LelLg/UkvGEnYnjjI/AAAAAAAAAP4/g6zLuAOYqb4/s1600/656823_web_R_B_by_Lupo_pixelio.de.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" src="http://1.bp.blogspot.com/-8i5--1LelLg/UkvGEnYnjjI/AAAAAAAAAP4/g6zLuAOYqb4/s1600/656823_web_R_B_by_Lupo_pixelio.de.jpg" height="115" width="200" /></a></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Und auch mein eigenes kleines Leben ist
komplex und widersprüchlich. Meine Persönlichkeit wandelt sich mit
den Leuten, die ich treffe, ich sehe einen Film und ändere meine
Meinung zum Fleischkonsum, ich will eigentlich Künstler sein und
arbeite in einem Büro am Computer, wenn die Sonne scheint bin ich
glücklich und zufrieden, wenn es grau wird und beginnt zu regnen
werde ich trübsinnig und einsam, ich will eigentlich Familie aber
doch frei und selbstständig sein, ich vermisse meine Mutter aber
werde wütend, wenn wir zu lange telefonieren, mich inspiriert die
Natur und ich bin ständig in der Stadt, ich weiß, dass Geld nicht
glücklich macht und verfasse Bewerbungen für besser bezahlte Jobs.
</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Was soll das alles? Ich sehe diese
Wirklichkeit, in der ich lebe, ich sitze hier und versuche, vor
meinem inneren Auge ein Bild zu entwerfen von der Welt, in der ich
bin. Angestrengt bemüht, der Tiefe meiner Gedanken zu folgen und ein
klares Bild zu zeichnen rauscht die Zeit, und ich weiß schon, dass
ich bald abschweifen werde, um mich anderen Dingen zuzuwenden, dem
Sportkurs am Abend und dem Treffen mit meiner Freundin, unabhängig
davon, ob ich mit meinen Überlegungen gerade weiterkomme oder nicht.
In eben diesem Moment, jetzt also, in dem ich mir der Komplexität
meiner Lebenswirklichkeit für einen Augenblick so klar bewusst bin,
versuche ich, ganz scharf darüber nachzudenken, ob das alles
irgendeinen Sinn ergen kann. Irgendeine Bedeutung, eine Erklärung,
Begründung, etwas Höheres das mir all diese Widersprüche, dieses
wirre Bild erklärt. Eine Antwort auf alle Fragen.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Natürlich finde ich keine Antwort. Ich
habe keine plötzliche Gotteserfahrung, spüre keine Eingebung, keine
mystische Kraft die mir irgendetwas sagt. Ich schaue aus dem Fenster,
draußen scheint die Abendsonne und wirft ein warmes Licht gegen die
Häuserwände. Ein schönes Bild, ein gutes Gefühl. Mir kommt ein
neuer Gedanke. So unbefriedigend es ist, keine Antwort zu kennen,
keinen Sinn zu sehen, keine Erklärung für diese unüberschaubaren Wirrungen, den vielen Rätseln der Natur und der Psyche – ist
das nicht auch ein schöner Gedanke? Bei all dem Wirrsal; ist es
nicht immerhin nett, zu wissen, dass selbst die großen Erklärungen
begrenzt sind? Dass die Naturwissenschaften die Welt und uns Menschen
nicht vollständig erklären können? Dass die Welt und wir Menschen
in ihr komplex sind, rätselhaft und undurchschaubar... Lässt diese
offene Lücke nicht auch Platz für eine offene Möglichkeit? </div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://1.bp.blogspot.com/-FNTtPPV9iCA/UkvGrn__wmI/AAAAAAAAAQA/mdcWaLVoldw/s1600/P1010762.JPG" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" src="http://1.bp.blogspot.com/-FNTtPPV9iCA/UkvGrn__wmI/AAAAAAAAAQA/mdcWaLVoldw/s1600/P1010762.JPG" height="150" width="200" /></a></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Denn was wäre die Alternative? Ein
vollständig erklärendes Weltbild das alle Fragen löst? Eine Welt
in der es keine Fragen mehr gibt? Aber offene Fragen lassen Antworten
offen. Das Denken der Möglichkeit also, dass es eine Bedeutung gibt,
einen Sinn, der über all das hinaus geht was wir erkennen und der
angesichts der ganzen Komplexität der Welt auch selbst so komplex
und ungreifbar sein muss, dass ich ihn hier und jetzt mit meinem
Verstand nicht begreifen kann. Die undurschaubare Rätselhaftigkeit der Welt erweckt in mir einen Funken von Hoffnung
auf Sinn.</div>
Anonymoushttp://www.blogger.com/profile/13287094357124248293noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-2634417027219653795.post-82782272380912050292013-07-10T06:31:00.003-07:002013-07-12T05:56:02.592-07:00Kommentar Ulli: Terror! Das lustige Rätselspiel<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Wer bin ich? </span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">
</span>
<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Vermummt in schwarze Tücher blicke ich düster von der Titelseite des Spiegels
in die Welt, die ich am liebsten brennen sehen würde. Schwarz ist
der Hintergrund des Titelbildes. Irgendetwas unbestimmtes scheine ich mit dem Islam zu tun zu haben.</span></div>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"></span><br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
</div>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">
</span>
<br />
<table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto; text-align: center;"><tbody>
<tr><td style="text-align: center;"><a href="http://madubesbrainpot.files.wordpress.com/2011/08/pissed_off_terrorist_by_wescoast1.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img alt="http://madubesbrainpot.files.wordpress.com/2011/08/pissed_off_terrorist_by_wescoast1.jpg" border="0" class="shrinkToFit decoded" height="320" src="http://madubesbrainpot.files.wordpress.com/2011/08/pissed_off_terrorist_by_wescoast1.jpg" width="232" /></a></td></tr>
<tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;"><span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: xx-small;">Picture credit: http://blogs.jamaicans.com/yaadinfo/files/2011/07/Pissed_Off_Terrorist_by_Wescoast.jpg</span></span><span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: xx-small;"> Quelle: http://madubesbrainpot.wordpress.com/</span></span></td></tr>
</tbody></table>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Genau!! Ich bins. Der Terrorist an- und
für-sich und als solcher. Natürlich ein Islamist. Ein
Schreckgespenst. Die größte Gefahr des 21. Jahrhunderts.
</span></div>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">
</span> <br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">
</span>
<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Damit habe ich es immerhin geschafft,
den Sozialisten aus dem 20. Jahrhundert abzulösen.
</span></div>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">
</span>
<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Heutzutage fließt das Geld des Westens
nicht mehr in Star Wars-Raketenabwehrprogramme um sich vor dem
Ostblock zu schützen, sondern in die Kampfjets der „Operation
Enduring Freedom“ zur Vernichtung des Terrorismus.</span></div>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"></span><br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Oder – noch besser – in Drohnen,
die von der gemütlichen Basis aus mit dem Joystick zu
bedienen sind. Armchair Terrorbekämpfung, also sozusagen
Computerspielen. Das fällt dann auch gar nicht so auf. (Oder
zumindest hält sich der Protest in Grenzen, wenns ab und zu mal nen
Falschen trifft, denn die eigenen Leute fühlen
sich am Joystick ja wohl.) </span><br />
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://chinamobiles.org/downloads/joystick_J8e.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img alt="http://chinamobiles.org/downloads/joystick_J8e.jpg" border="0" class="decoded" height="200" src="http://chinamobiles.org/downloads/joystick_J8e.jpg" width="181" /></a></div>
</div>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">
</span>
<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">(Zum Glück fällt so etwas nicht in die
Definition des Terrors, sonst müsste man ja alles nochmal neu
überdenken.)</span><br />
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Doch zurück zu mir. </span></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Ich bin sicherlich kein sonderlich
sympathischer Zeitgenosse und man sollte die Gefahr, die von mir
ausgeht, nicht verharmlosen. Dennoch: Die Wahrscheinlichkeit, vom
Blitz erschlagen zu werden, übersteigt diejenige, von mir erwischt
zu werden, für die allermeisten Regionen der Welt wohl bei weitem. Also könnte man auch - statt in die Terrorbekämpfung - ein paar
Milliarden mehr in Blitzableiter und ähnliches investieren, oder?
Nein, das klingt irgendwie absurd. Blitze sind ja auch nicht überall
in den Medien.</span></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://4.bp.blogspot.com/-QdsNuZOzSwc/Ud1eur83QAI/AAAAAAAAAPQ/Q45RcOdlK28/s1600/627134_web_R_by_Hagen+G%C3%B6rlich_pixelio.de.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="150" src="http://4.bp.blogspot.com/-QdsNuZOzSwc/Ud1eur83QAI/AAAAAAAAAPQ/Q45RcOdlK28/s200/627134_web_R_by_Hagen+G%C3%B6rlich_pixelio.de.jpg" width="200" /></a></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">
</span><span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">
</span><br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Irgendwie wird man also den Gedanken
nicht los, dass sich hinter dem omnipräsenten Bild des Terroristen gewisse Interessen verbergen. Denn dadurch kann
faktisch jede Aktion gerechtfertigt werden. Schließlich gibt es
eins, das alle nicht wollen: Dass ich irgendwo an die Macht komme. Da
ist sich die Weltgemeinschaft wenigstens mal so gut wie einig.</span></div>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">
</span>
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Beim Ostblock war sich der Westen auch einig.
Das war schließlich auch ein 1984-Szenario. Ein Überwachungsstaat,
in dem endlos Datenmaterial gesammelt und Gespräche mitgehört
wurden.</span><br />
<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto; text-align: center;"><tbody>
<tr><td style="text-align: center;"><a href="http://euro-med.dk/billeder/billedersurveillance-2dcam-2d21.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img alt="http://euro-med.dk/billeder/billedersurveillance-2dcam-2d21.jpg" border="0" class="decoded" height="155" src="http://euro-med.dk/billeder/billedersurveillance-2dcam-2d21.jpg" width="200" /></a></td></tr>
<tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;"><span style="font-size: xx-small;">Quelle:http://euro-med.dk/?p=13077</span></td></tr>
</tbody></table>
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Heute ist alles anders. Jetzt ist der
Westen der Überwachungsstaat. </span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Warum? Richtig: zur Terrorbekämpfung.</span></div>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">
</span>
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
</div>
<div style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;">
<br /></div>
<div style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;">
<br /></div>
<div style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;">
<br /></div>
<br />Anonymoushttp://www.blogger.com/profile/13287094357124248293noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-2634417027219653795.post-83349023038754632492013-07-09T22:03:00.002-07:002013-07-09T23:15:27.240-07:00Streifzug Kim: Das Netz<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
</div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
</div>
<div style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;">
</div>
<div style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;">
</div>
<div style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;">
</div>
<div style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;">
</div>
<div style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;">
</div>
<div style="margin-left: 1em; margin-right: 1em; text-align: left;">
Oscar hat sein Handy in
die Tonne gekloppt.</div>
<div style="margin-left: 1em; margin-right: 1em; text-align: center;">
<br /></div>
<div style="margin-left: 1em; margin-right: 1em; text-align: center;">
</div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
</div>
<div style="margin-left: 1em; margin-right: 1em; text-align: center;">
<img border="0" src="http://4.bp.blogspot.com/-a1STVWyeFJ4/Udwf_bcJBtI/AAAAAAAAAOU/Ss25nXGGktk/s320/614891_web_R_K_by_angieconscious_pixelio.de.jpg" height="240" width="320" /> </div>
<br />
<div style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;">
</div>
<div style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;">
Als wir uns an einem
sonnigen Mittwochnachmittag mit Ginny und Herbert am Maibachufer zum
Spazierengehen treffen, fallen mir sofort die glasigen Augen meines
Freundes im Anzug auf, die voller Unruhe hin und her zucken. Während
wir den sonnenbeleuchteten Landwehrkanal entlang schlendern bleibt er
ständig stehen und blickt sich verstohlen um. Als Ginny ihr Handy
aus der Tasche kramt, schreckt er unmerklich zusammen und beobachtet
das alte Nokiamodell so argwöhnisch, als wäre es ein besonders
gefährliches Ungeziefer.</div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
“<span lang="de-DE">Oscar, kann ich
mir mal dein I-Phone ausliehen?”, fragt Ginny im Laufen, während
wir uns nach einem freien Plätzchen auf der Wiese umschauen. “Ich
will nachschauen wann später meine Bahn fährt...”</span></div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
Oscar schüttelt den Kopf.
“Ich hab mein I-Phone weggeschmissen.”</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
“<span lang="de-DE">Was?” Ginny,
Herbert und ich bleiben wie angewurzelt stehen.</span><br />
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://4.bp.blogspot.com/-poPrkrtl9aI/Udzr8gQzFVI/AAAAAAAAAO0/cTmgrJzTobI/s1600/289912_web_R_K_by_Lucie+Gerhardt_pixelio.de.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" src="http://4.bp.blogspot.com/-poPrkrtl9aI/Udzr8gQzFVI/AAAAAAAAAO0/cTmgrJzTobI/s1600/289912_web_R_K_by_Lucie+Gerhardt_pixelio.de.jpg" height="212" width="320" /></a></div>
</div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
“<span lang="de-DE">Weggeschmissen?
Dein teures Handy?”, ruft Herbert ungläubig. “Warum das denn?”</span></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
“<span lang="de-DE">Habt ihr nicht
von dieser ganzen Überwachungsgeschichte gehört? Snowden, NSA,
Geheimdienste... Wir werden doch ausspioniert, die ganze Zeit!“
Oscar lässt resigniert die Schultern hängen und blinzelt ins grelle
Sonnenlicht. „Das habt ihr ja wohl mitbekommen?“</span></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span lang="de-DE">Ginny, Herbert und
ich nicken bekräftigend.</span></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
„<span lang="de-DE">Ich kann das gar
nicht fassen“, sagt Oscar verstört. „All unsere Technik wird
überwacht. Handys, Emails, Facebook...“</span></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
Ginny zuckt trocken die
Schultern. “Das sag ich doch schon immer, dass die verdammten
Imperialisten versuchen, die ganze Welt zu kontrollieren. Der
freiheitsliebende Westen – ja, ja – nur er selbst darf natürlich
aushorchen und schnüffeln wie er will.”</div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
“<span lang="de-DE">Und du hast
wirklich dein Handy weggeschmissen?”, frage ich ungläubig. Oscar
ohne Handy finde ich etwa so schwer vorstellbar wie Ginny in Anzug
und mit Aktentasche.</span></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
„<span lang="de-DE">All unsere Daten
werden abgefangen!” Oscar starrt mich eindringlich an; unter seinen
Augen schimmern dunkle Ringe, so als hätte er einige Nächte lang
sehr schlecht geschlafen. “Weisst du überhaupt, was das bedeutet?
Ich bin doch die ganze Zeit mit meinem I-Phone verbunden, ich
kommuniziere nur übers Internet! Also wird alles, was ich tue, an
irgendeine Stelle in die Staaten weitergeleitet, die alles
kontrolliert. Alles.” Er schaudert. “Das ist doch, das ist
doch...” Ihm scheinen die Worte zu fehlen. “Das ist doch
unvorstellbar. So kann man doch nicht leben!”</span><br />
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://2.bp.blogspot.com/-s-3tL2XFj14/UdzsyBL60tI/AAAAAAAAAPA/n4oqPr5Y1TM/s1600/650291_web_R_K_B_by_Markus+Vogelbacher_pixelio.de.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" src="http://2.bp.blogspot.com/-s-3tL2XFj14/UdzsyBL60tI/AAAAAAAAAPA/n4oqPr5Y1TM/s1600/650291_web_R_K_B_by_Markus+Vogelbacher_pixelio.de.jpg" height="205" width="320" /></a></div>
</div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
<br />
“<span lang="de-DE">Mich wundert
wirklich, dass dich das so überrascht”, meint Ginny. “Die ganze
Welt tut so, als hätte sie geglaubt die Amis wären die großen
Freiheitsschützer. Und obwohl alle ein bisschen empört sind,
kuschen sie doch immernoch vor Obama. Niemand bietet Snowden Asyl
an, niemand erwartet, dass sich wirklich etwas ändert. Was die USA
und der Westen macht, das muss schon irgendwie okay sein.“ Sie
fischt etwas Tabbak aus ihrer Tasche und dreht sich eine Zigarette.
„Wenigstens gibt es ein paar wenige Länder, die sich nicht vom
Westen einschüchtern lassen. Russland, Venezuela...“</span></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
„<span lang="de-DE">Denen ist
Überwachung natürlich ein totales Fremdwort“, sagt Oscar
sarkastisch. „Man kann der gesamten Welt nicht mehr trauen.“</span></div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
Herbert schnaubt. “Ich
verstehe die ganze Aufregung überhaupt nicht. Was ist denn so
schrecklich daran, wenn ein paar Emails oder Telefonate von diesen
Geheimdiensten abgehört werden? Die wollen doch nur ihre Bürger
beschützen. Wer nichts zu verstecken hat, der hat doch auch nichts
zu befürchten.”</div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
“<span lang="de-DE">Ach ja”, fährt
Ginny ihr verärgert an, “und wer hat die Macht zu bestimmen, wer
verdächtig ist? Die Superweltpolizei oder was? Und die hat natürlich
überhaupt kein Eigeninteresse, hä?” </span></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
“<span lang="de-DE">Es geht doch
darum, vor dem Terrorismus zu schützen! Ich werde lieber ein
bisschen überwacht, als Angst haben zu müssen, auf dem Potsdamer
Platz von einer Bombe in die Luft gejagt zu werden. Es ist mir
ehrlich gesagt schnurzpiepegal wenn jemand, den ich gar nicht kenne,
meine Emails liest. Da steht doch nichts Geheimes drin.”</span></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
“<span lang="de-DE">Tss..” Ginny
pfeift durch die Zähne. </span>
</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
Wir lassen uns auf der
Wiese am Wasser nieder; Oscar inspiziert ein paar Zigarettenstummel
im Gras, bevor er sich setzt.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
“<span lang="de-DE">Das mit dem
Terrorismus ist doch nur ein billiger Trick um die ganze Spionage zu
rechtfertigen”, sagt Ginny. „Angst wirkt eben bei den Leuten.”</span></div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
“<span lang="de-DE">Die Freiheit der
Bürger ist das allerhöchste Gut”, murmelt Oscar und starrt aufs
vorbeifließende Wasser des Landwehrkanals. “Sie ist mit allen
Mitteln zu schützen. Alles, was wir tun, kann zurückverfolgt
werden. Habt ihr euch das mal ausgemalt?“</span></div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
Vor meinem inneren Auge
taucht das Bild eines riesigen Spinnennetzes auf, dessen unsichtbare
Fäden sich durch die ganze Welt gesponnen haben. Wer ist diese
gigantische Spinne, die da spinnt? Und wer sind die Fliegen, die sie
in ihr Netz wickelt? </div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://2.bp.blogspot.com/-fkxXmFoPFC4/UdwgA-T_DVI/AAAAAAAAAOc/Zg7T4VySlhU/s1600/643252_web_R_K_B_by_Katharina+Wieland+M%C3%BCller_pixelio.de.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" src="http://2.bp.blogspot.com/-fkxXmFoPFC4/UdwgA-T_DVI/AAAAAAAAAOc/Zg7T4VySlhU/s320/643252_web_R_K_B_by_Katharina+Wieland+M%C3%BCller_pixelio.de.jpg" height="240" width="320" /></a></div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
</div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
„Dann gibt es überall
geheime Fäden und Netze, die wir nicht sehen?“, frage ich.
</div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
„Überall“, murmelt
Oscar resigniert. „Die Welt ist nicht so, wie sie für uns
aussieht.“</div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
„Und wer ist die
Spinne?“</div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
„Was für eine Spinne?“,
fragt Herbert irritiert.</div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
„Die Supermächte“,
sagt Ginny im selben Moment. Sie stößt Rauch aus ihrem Mund. „Die
USA und der Westen, die versuchen, die ganze Welt zu kontrollieren.“</div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
„<i>Die</i> USA, <i>der</i>
Westen?“ Frage mich und überlege, wen genau ich mir darunter
vorstellen kann. Obama? Angela Merkel? „Und warum wollen die uns
kontrollieren?“</div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
„Weil sie Macht haben
wollen, natürlich. Macht über die ganze Welt.“</div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
„Dann ist es wirklich
eine einzige riesige Spinne, die nach ihrem Plan ihr Netz wickelt?“</div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
Nachdenklich starre ich
aufs grünliche Wasser, das in der Sonne schimmert. „Meint ihr
nicht, es sind vielleicht viele kleine Spinnen, die alle einen Teil
vom Netz gesponnen haben? Ohne zu wissen, was die anderen tun? Was
die großen Konsequenzen ihres eigenen kleinen Handelnds sind? Und
plötzlich spannen sich die Fäden über die ganze Welt. Nur, niemand
hat das eigenständig geplant. Niemand ist verantwortlich. Ich
glaube, da hat sich ein System verselbstständigt.“</div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
</div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
„Wie im Jobcenter“,
wirft Herbert ein. „da macht auch jeder einen kleinen Teil der
Arbeit und niemand hat den Gesamtüberblick.“</div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
„<span lang="de-DE">Auf jeden Fall
kann ja niemand diese ganzen Datenmengen auswerten“, sagt Oscar.
„Das sind ja viel zu viele. Vielleicht war es nicht von einem
Menschen geplant, uns alle zu kontrollieren. Aber dass Leute
</span><span lang="de-DE"><i>theoreisch</i></span><span lang="de-DE">
auf alle unsere Daten Zugriff haben und sie systematisch abhören,
das ist doch fatal! Es geht ums Prinzip der Freiheit!”</span></div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span lang="de-DE">Ginny nickt
zustimmend. </span><span lang="en-US">“</span>Big Brother is
watching you. Wir sind nicht frei.”</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
“<span lang="de-DE">Wirklich nie?”,
frage ich und muss an meinen Freund Savinda denken, der weder ein
Handy noch einen Computer hat. “Was ist denn, wenn man gar keine
Technik benutzt? Im Wald zum Beispiel, da kann einen niemand
überwachen, oder?”</span><br />
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://2.bp.blogspot.com/-mvw9vsZSpvE/UdwgCEzvJXI/AAAAAAAAAOk/lH4IjOHU26c/s1600/654447_web_R_by_Bernd+Kasper_pixelio.de.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><br /></a></div>
<span lang="de-DE"> </span></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
“<span lang="de-DE">Stimmt”, räumt
Oscar ein, “es hängt natürlich alles an der Technik. Deshalb
werde ich auch alles einstellen, was überwacht wird. Googlemail,
Facebook, Twitter... das wird sehr hart.“ Seine Stimme bekommt
einen leicht dramatischen Tonfall. „Ich werde von der ganzen Welt
abgeschnitten sein. Meine Geschäftskunden, meine Kollegen, meine
Freunde, Veranstaltungen… finito. Ich werde ein einsamer Mann
werden.“</span></div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
„<span lang="de-DE">Also heißt das,
wieder weg von der Technik?”, frage ich.</span></div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
Oscar nickt. “Wieder weg
von der Technik.”</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
“<span lang="de-DE">Back to nature”,
sagt Ginny halb scherzend, halb ernst.</span></div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
Herbert wirft den beiden
einen kopfschüttelnden Blick zu. “Als ob heute noch irgendetwas
ohne Technik funktionieren würde. Das Jobcenter würde sofort
zusammenbrechen ohne Computer und Internet, das kann ich euch aber
sagen.”</div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div lang="de-DE" style="margin-bottom: 0cm;">
Auf dem Heimweg muss ich
daran denken, was Tante Herda neulich gesagt hat: die Welt ist aus
den Fugen geraten. Vielleicht hat sie Recht. Zu Hause angekommen
unterschreibe ich im Internet schnell noch eine Petition die
verlangt, dass man Snowden Asyl gewährt. Eine Woche später hat
sich Oscar ein neues I-Phone gekauft. Später machen zusammen mit
Savinda einen langen Spaziergang durch den Wald.</div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<br /></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://2.bp.blogspot.com/-mvw9vsZSpvE/UdwgCEzvJXI/AAAAAAAAAOk/lH4IjOHU26c/s1600/654447_web_R_by_Bernd+Kasper_pixelio.de.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" src="http://2.bp.blogspot.com/-mvw9vsZSpvE/UdwgCEzvJXI/AAAAAAAAAOk/lH4IjOHU26c/s320/654447_web_R_by_Bernd+Kasper_pixelio.de.jpg" height="212" width="320" /></a></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<br /></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://2.bp.blogspot.com/-mvw9vsZSpvE/UdwgCEzvJXI/AAAAAAAAAOk/lH4IjOHU26c/s1600/654447_web_R_by_Bernd+Kasper_pixelio.de.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><br /></a></div>
<br />Anonymoushttp://www.blogger.com/profile/13287094357124248293noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-2634417027219653795.post-61578651000941055112013-06-25T16:15:00.001-07:002013-06-26T14:31:46.071-07:00Kurzstatement Ulli: Kommunikationsmuster - einfach mal rauszoomen?<i>Alltag: </i>
<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Das ist so. Es muss so sein. Aber dies
darf nicht sein. Das ginge ja auch gar nicht, die Strukturen lassen
es nicht zu. Und das ist auch gut so, sonst gäbe es ja gar
keine Anhaltspunkte mehr.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Nur, wenn ich genau <i>das</i> habe,
kann es mir gut gehen. Ich habe schließlich eine genaue Vorstellung,
wo es langgehen soll. Wenn mein Mitbewohner nicht endlich die
Küche aufräumt, kann ich nicht zufrieden sein.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Nur, wenn das Gespräch so verläuft,
wie es mir vorschwebt, ist es ein gutes Gespräch.
</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Ich höre nur halb zu, will ja auch
selbst zum Zug kommen und zeigen, wie ich das alles sehe. Was der
andere sagt, kommt mir irgendwie fremd vor. Ich weiß schon vorher,
was ich selbst denke.
</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Solange die Politik so ist, wie sie
ist, bin ich dagegen. Ich habe meine eigene Meinung. Ist nur schwer,
sie mit anderen zu teilen, die nicht die selbe Meinung haben. Darum
tue ich das auch nicht. Ich diskutiere am liebsten mit Freunden.
Andere Sichtweisen sind mir fremd oder ich kenne sie gar nicht, man
bleibt halt in seinen Kreisen.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://4.bp.blogspot.com/-fQajzPgJ9-o/UcrMPA_WLEI/AAAAAAAAAOA/jgyFAGQxGgM/s1600/93456_web_R_K_B_by_S.+Hofschlaeger_pixelio.de(1).jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="200" src="http://4.bp.blogspot.com/-fQajzPgJ9-o/UcrMPA_WLEI/AAAAAAAAAOA/jgyFAGQxGgM/s200/93456_web_R_K_B_by_S.+Hofschlaeger_pixelio.de(1).jpg" width="152" /></a></div>
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<i>Woher habe ich meine Überzeugungen?</i></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Aus der Erfahrung, es hat sich bewährt.
Und von anderen, die es auch so sehen. So sind schließlich auch die Normen
und Gesetze, das hat Tradition oder es ist zumindest im Trend.
Außerdem wusste ich das schon immer.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Und ich lese schließlich auch Zeitung.
Und zwar nur objektive Zeitung, die meine politische Meinung
vertritt. Und letztendlich ist das auch alles wissenschaftlich
gedeckt. Studien besagen, dass es sich so verhält. Und Studien sind
schließlich eine absolute Letztbegründung, wie auch immer sie
entstanden sein mögen.
</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Die Wissenschaft hat das festgestellt
und es ist von Experten bestätigt. Experten, die so ein
kompliziertes abgegrenztes Feld beherrschen, dass ich ihr
Fachchinesisch gar nicht verstehen kann. Das macht aber nichts, ich
profitiere ja auch so von ihnen. Endlich gibt’s in diesen
unsicheren Zeiten mal wieder eine absolute Wahrheit. An Gott glauben
war gestern.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Zum Glück gibt es auch zu jedem
Experten einen Gegenexperten, da kann ich mir dann den Passenden
aussuchen. Entweder, ich lasse mir beweisen, dass der Euro und die
ganze EU dem Untergang gewidmet ist oder aber, ich habe todsichere
Belege für ewiges Wachstum. (Oder läuft das ja dann doch auf das selbe hinaus?)</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Demokratie auf Sparflamme also. Für
alles andere fehlt ja auch das Geld.
</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Lieber den vertrauen, die ein Dr. im
Namen haben und es wirklich wissen und methodisch einwandfrei
ausgebildet sind.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Die eigentliche Realität liegt nämlich
immer hinter den Tatsachen, die ist so einem Otto Normalverbraucher
wie mir gar nicht zugänglich. (Zum Beispiel ist das, was ich für
meine Persönlichkeit halte, nur ein Haufen von Aktionspotentialen in
meinem Gehirn.)
</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Manchmal kommt es mir aber irgendwie so
vor, als dürfte man sich ab und zu ein bisschen Selbstvertrauen
zuschreiben. Man könnte auch mal wieder auf seine
unwissenschaftliche Intuition zurückgreifen und schauen, was für
Muster sich immer wieder von neuem abspielen. Bei sich selbst und um sich herum. Was die ganze Zeit vor der eigenen Nase passiert, während
man mit Gedanken Strukturen einzementiert und die Komplexität der
Erfahrung in enge Modelle presst.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Warum ist das so? Es muss so sein.</div>
Anonymoushttp://www.blogger.com/profile/13287094357124248293noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-2634417027219653795.post-84103567627570005762013-06-20T05:17:00.003-07:002013-06-26T14:48:46.679-07:00Streifzug Kim: Tante Herda versteht die Welt nicht mehr<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">
</span>
<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">"Ich verstehe die Welt nicht
mehr", sagt Tante Herda.</span></div>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">
</span>
<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Wir sitzen im Cafe Bilderbuch und
beobachten ein Mädchen, das vor einem kleinen aufklappbaren Computer
sitzt und mit leiser Stimme auf seinen Bildschirm einspricht. Darauf
ist ein junger Mann zu sehen, der offenbar vor einer Kamera steht und
zu dem Mädchen spricht. Im Hintergrund kann man die Spitze des Big
Bens aus London erkennen.</span></div>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">
</span>
<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Tante Herda, die eigentlich gar nicht
meine Tante ist, sondern die Großmutter eines Freundes mit der ich
ab und zu Kaffee trinken gehe, war vor ein paar Jahren in London,
deshalb erkennt sie den Big Ben sofort. Ungläubig starrt sie das
Mädchen mit dem Laptop an. "Redet die etwa gerade mit dem
jungen Mann, der da in London sitzt?"
</span></div>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">
</span>
<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
</div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://2.bp.blogspot.com/-mrE0_rX4R9g/UcLywYwsrhI/AAAAAAAAANw/DaRbIagPmSI/s1600/531675_web_R_B_by_Alexandra+H._pixelio.de.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="213" src="http://2.bp.blogspot.com/-mrE0_rX4R9g/UcLywYwsrhI/AAAAAAAAANw/DaRbIagPmSI/s1600/531675_web_R_B_by_Alexandra+H._pixelio.de.jpg" width="320" /></a></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"></span></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
</div>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">
</span>
<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">"Ähm, ich glaube schon." Mir
fällt ein, dass Tante Herda sicher keine Ahnng hat, was ein
Skypegespräch ist. “Das funktioniert übers Internet, verstehst
du...? Telefonieren mit dem Computer. Das geht auch mit Kamera."</span></div>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">
</span>
<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
</div>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">
</span>
<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">"Die Welt ist doch verrückt
geworden." Kopfschüttelnd schneidet Herda ein Stück von dem
Rhababerkuchen ab, der vor uns liegt und schiebt sich genüßlich
ihre Gabel in den Mund. Einen Moment lang lächelt sie zufrieden.
"Schön schmeckt der." Sie fährt sich über die Lippen,
die wie abgestimmt zu der blassrosa Farbe des Rhababers passen.
"Weißt du Kim, was ich früher immer zu meinen Kindern gesagt
habe? Stellt euch mal vor, wenn man telefonieren könnte und sich
dabei sehen würde!" Sie stößt ein heiseres Lachen aus. "Und
jetzt geht das wirklich, sagst du? Das ist doch unglaublich! Ein
Wunder!" Sie kneift die Augen zusammen und beäugelt argwöhnisch
das Mädchen mit dem Computer.</span></div>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">
</span>
<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
</div>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">
</span>
<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Ich
nicke, obwohl ich es gar nicht so verwunderlich finde, was das
Mädchen da tut. Ich skype durchaus selbst gerne, gerade mit Freunden
die nicht in Berlin in Deutschland wohnen. Da ist es schon ziemlich
praktisch, sich übers Internet unterhalten zu können. Im Gegensatz
zu Tante Herda finde ich das nicht unglaublich, sondern relativ
normal. </span></span>
</div>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">
</span>
<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
</div>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">
</span>
<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Ich
muss unweigerlich an meinen Freund Oscar denken, der fast permanent
mit seinem Handy in Kontakt ist und damit im Internet herumstreunert.
Er ist rund um die Uhr vernetzt, wie er das nennt, empfängt
Nachrichten oder treibt sich auf den virtuellen Seiten von anderen
Leuten herum. Tante Herda fände das sicher sehr eigenartig.</span></span></div>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">
</span>
<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
</div>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">
</span>
<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">“<span style="font-size: small;">In
meiner Zeit”, murmelt Herda nachdenklich, “da war alles ganz
anders. Da gab es keine Kompjuter und Mehls... Als ich ein junges
Mädchen war, da hatten wir keinen Fernseher! Kannst du dir das
vorstellen, Kim?” Ihr Blickt zuckt durch den Raum, der gefüllt ist
von Leuten die Kaffee trinken und Zeitung lesen und sich leise
unterhalten. Klassische Musik dringt aus einem Lautsprecher an der
Wand, an der sich große Regale mit Büchern stapeln. Eine Kellnerin
eilt hektisch mit einem Tablett umher. Unsicher fährt Herda mit den
Fingern über den Stoff des alten Sofas, auf dem sie sitzt. “Die
Welt sieht noch ein bisschen so aus wie damals, aber ich glaube, es
ist doch nicht mehr diesselbe.”</span></span></div>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">
</span>
<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
</div>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">
</span>
<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">“<span style="font-size: small;">Du
meinst, die Welt ist eine andere geworden?” Ich schiebe mir ein
Stück Kuchen in den Mund und versuche mir vorzustellen, wie die Welt
aus Herdas Augen wohl aussehen muss. Mit all der Technik, die es noch
nicht gab als sie großgeworden ist. muss das sein.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;"><span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><a href="http://3.bp.blogspot.com/-1Tola6jWz_E/UcLyR2E_OsI/AAAAAAAAANo/Pq0MbHFHHZM/s1600/646215_web_R_by_g%C3%A4nsebl%C3%BCmchen_pixelio.de.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="240" src="http://3.bp.blogspot.com/-1Tola6jWz_E/UcLyR2E_OsI/AAAAAAAAANo/Pq0MbHFHHZM/s1600/646215_web_R_by_g%C3%A4nsebl%C3%BCmchen_pixelio.de.jpg" width="320" /></a></span> </span></span></div>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">
</span>
<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
</div>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">
</span>
<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Herda
nickt bekräftigend. “Natürlich. Man versteht doch gar nicht mehr,
wo die Leute alle hin sind!” </span></span>
</div>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">
</span>
<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
</div>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">
</span>
<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">“<span style="font-size: small;">Wie
meinst du das, wo sie hin sind?”</span></span></div>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">
</span>
<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
</div>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">
</span>
<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Herda
deutet mit ihrem lachsfarben lackierten Fingernagel auf das skypende
Mädchen. “Ist die jetzt hier oder ist die in London oder irgendwo
in ihrem <i>Netz</i>? Man versteht das doch alles nicht mehr. Ich
glaube, die Welt ist wirklich aus den Fugen geraten.” Fast
ängstlich senkt sie die Stimme “Jeden Abend in der Tagesschau sehe
ich diese ganzen Kriege. Terroristen. Die Umwelt geht kaputt. Die
Banken haben kein Geld mehr..." Sie piekt einen Kuchenkrümel
von ihrem Teller auf. "Da weiß doch selbst die Merkel nicht
mehr, was sie tun soll. Wo soll das alles denn nur hinführen? Meinst
du, es gibt Leute, die das noch verstehen?"</span></span></div>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">
</span>
<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
</div>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">
</span>
<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Ich
zucke die Schultern. Eine gute Frage, finde ich. “Aber Kriege und
Umweltzestörug und so etwas, das gab es doch schon immer, meinst du
nicht? Nur, früher wusste man nichts davon, weil es kein Fernsehen
und Internet gab, um all die Informationen zu verbreiten... Die Welt
ist heute vernetzt und wir sehen einfach mehr von dem, was da ist,
schätze ich”</span></span></div>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">
</span>
<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
</div>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">
</span>
<br />
<pre class="western" style="margin-bottom: 0.5cm;"><span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Globalisierung, schießt es mir durch den Kopf. Ich sage aber nichts aus Angst, Herda noch </span></span></pre>
<pre class="western" style="margin-bottom: 0.5cm;"><span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">mehr zu verunsichern. Das Wort klingt nach sehr viel Komplexität, nach sehr viel </span></span></pre>
<pre class="western" style="margin-bottom: 0.5cm;"><span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Undurchschaubarkeit. Zu viel Entwicklung, zu viele Informationen, ständig und überall. </span></span></pre>
<pre class="western" style="margin-bottom: 0.5cm;"><span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Kann das noch irgend jemand überblicken? Wahrscheinich nicht. </span></span></pre>
<pre class="western" style="margin-bottom: 0.5cm;"><span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Ist es schlimm, dass gar niemand den Überblick hat? Vielleicht nicht, vielleicht hat sich </span></span></pre>
<pre class="western" style="margin-bottom: 0.5cm;"><span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">wirklich gar nicht so viel an der Beschaffenheit der Welt an sich geändert. </span></span></pre>
<pre class="western" style="margin-bottom: 0.5cm;"><span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Nur, dass wir jetzt ein bisschen mehr über sie wissen. All das Wissen, </span></span></pre>
<pre class="western" style="margin-bottom: 0.5cm;"><span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">die ganzen Experten, alle haben sie ein bisschen Spezialwissen... </span></span></pre>
<pre class="western" style="margin-bottom: 0.5cm;"><span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Müssen wir das Wissen irgendwie zusammen bringen? </span></span></pre>
<pre class="western" style="margin-bottom: 0.5cm;"><span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Oder reicht es, dass verschiedene Leute Spezialwissen haben? </span></span></pre>
<pre class="western" style="margin-bottom: 0.5cm;"><span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Die Welt scheint ja zu funktionieren. Irgendwie. </span></span></pre>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">"Vernetzt...",
murmelt Herda verständnislos. "Ich verstehe das alles nicht
mehr. Diese Sprache... diese ganze Elektronik... die
Wirtschaftskrise, Klimawandel... Ich bin ja nicht mehr so lange von
dieser Welt." Ihre blassrosa Lippen zittern ein bisschen und ich
drücke ihre Hand. "Aber ich hoffe für euch, für die
zukünftigen Generationen, dass es Menschen gibt, die das alles
verstehen." Sie schaut mich mit einem hoffnungsvollen Blick an.
"Du studierst doch Philosophie, oder Kim?"</span></span></div>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">
</span>
<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Ich
nicke. "Ja schon, unter anderem."</span></span></div>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">
</span>
<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">"Ihr
Philosophen wollt doch immer die Welt verstehen, oder? Du wirst
herausfinden, was in der Welt passiert, oder? Alles wird gut."</span></span></div>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">
</span>
<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Ich
drücke ihre Hand. "Ja, Tante Herda. Alles wird gut."</span></span></div>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">
</span>Anonymoushttp://www.blogger.com/profile/13287094357124248293noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-2634417027219653795.post-75254432604481819142013-06-13T16:57:00.000-07:002013-06-26T14:18:33.313-07:00Streifzug Ulli: Jeder kriegt, was er verdient? - Im Jobcenter<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<i>VORGEPLÄNKEL</i></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
Der Türsteher
sieht mir prüfend ins Gesicht. Ich hatte mir schon gedacht, dass es
nicht ganz einfach sein würde, zusammen mit meinen Freunden das
Jobcenter zu betreten.
</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
Ich höre ein
erbostes Schnauben und sehe, wie neben mir Ginnys Dreadlocks langsam
anfangen, nervös auf und nieder zu zucken, als ihre Taschen
abgeklopft werden. Ein schlechtes Zeichen. Ich hoffe, dass sie sich
beherrschen kann.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
Der Yogi Savinda
ist hingegen wie immer die Ruhe selbst. Er lächelt dem Uniformierten
milde zu, als dieser skeptisch dessen flatternde orange Hose beäugt.
Mit einer würdevollen runden Bewegung breitet er unaufgefordert die
Arme für die Security-Kontrolle aus. Dabei wirkt er eher so, als
würde er auf das offene Meer schauen, anstatt auf den tristen
Betonbau vor ihm.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
„Ich sagte
doch schon, wir haben keinen Termin und wir wollen übrigens auch
niemanden überfallen! Was soll diese ganze Kontrolle? Jetzt glauben
Sie uns doch einfach, dass wir hier nur einen Bekannten abholen
wollen.“, jault Ginny empört auf. „Ihr Kollege, er arbeitet hier
und hat heute Geburtstag. Manfred oder Jürgen, ach nein... Herbert
heißt er. Was denken Sie denn, was ich sonst in Ihrem
Hochsicherheitstrakt verloren hätte?“</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
Während der
Türsteher Ginny beiseite führt um ihren Jutebeutel auszuleeren
kommt Oscar in seinem Nadelstreifenanzug herbeigelaufen. Er hatte sich auf
dem Weg ein wenig zurückfallen lassen, da seine neue Börsen App ihm
Probleme zu bereiten schien. Ohne von seinem Smartphone aufzublicken
schlendert er am zweiten Security-Beamten vorbei, der bescheiden
einen Schritt zurücktritt.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
Ich nutze die
Gelegenheit um mich blitzschnell anzuschließen und auch Savinda
schreitet nun wie zufällig Richtung Eingang. Perplex schaut uns der
Uniformierte hinterher und zückt schließlich sein Funkgerät. Im
Hintergrund höre ich Ginny zetern.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
Wir finden uns
beim Aussteigen aus dem Fahrstuhl im dritten Stock einer großen
Gruppe von Menschen, diversen Büro-Schaltern und Absperrbändern
gegenüber.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="text-decoration: none;"> </span>
</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://2.bp.blogspot.com/-2V3wYSnFGUA/UbmlhFu9wCI/AAAAAAAAALY/1uIiqLjYGes/s1600/arbeitsagentur_schild_zum-empfang.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" src="http://2.bp.blogspot.com/-2V3wYSnFGUA/UbmlhFu9wCI/AAAAAAAAALY/1uIiqLjYGes/s1600/arbeitsagentur_schild_zum-empfang.jpg" /></a></div>
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
Sieht irgendwie
aus wie am Flughafen. Nur ist in den Gesichtern keine Vorfreude auf
die karibischen Inseln zu lesen. Hände umklammern Formulare,
gesenkte Köpfe blicken auf den grauen Laminatboden oder mehr oder
weniger teilnahmslos zu der Anzeigetafel mit den Wartenummern. Einige
laufen auch unruhig im Kreis auf und ab oder versuchen ihre kleinen
Kinder zu beruhigen. </div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<br /></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
</div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://4.bp.blogspot.com/-ZRDtaW0nm5U/UbmjTsw2wWI/AAAAAAAAALI/W_aONLmk2bg/s1600/caro-17-Jobcenter-BM-Berlin-Berlin.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="212" src="http://4.bp.blogspot.com/-ZRDtaW0nm5U/UbmjTsw2wWI/AAAAAAAAALI/W_aONLmk2bg/s320/caro-17-Jobcenter-BM-Berlin-Berlin.jpg" width="320" /></a></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<br />
Statt an bunten
Flugzeugpiktogrammen läuft man in der Warteschlange alle paar Meter
an einem rot umrandeten Schild vorbei, das eine unmissverständliche
Aufforderung von sich gibt.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
„<span style="font-size: small;"><i><b>Bitte
ordnungsgemäß anstellen und Anträge bereithalten!“</b></i></span></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
„<span style="font-size: small;"><i><b>Bitte
Beachten: Sonderanträge nicht formlos gültig!“</b></i></span></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<br /></div>
<div align="JUSTIFY" style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
„<span style="font-size: small;"><b><i>Bitte
beachten! Wenn aufgrund von Mittellosigkeit Barauszahlung
erforderlich ist, bitte die Kontoauszüge der letzten </i><i><u>4
Wochen</u></i><i> bis heute lückenlos vorlegen.“</i></b></span></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<br /></div>
<div style="font-style: normal; margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
Während ich noch etwas ratlos in der Gegend herumschaue,
unterbreitet uns Oscar seinen Plan, wer bei der Suche welchen Bereich
abdecken soll, um Ginnys Freund Herbert schnellstmöglich und
effektiv zu finden, obwohl ihn noch niemand von uns kennt.
</div>
<div style="font-style: normal; margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
Davon unbeeindruckt wandelt Savinda mit einem seichten Lächeln auf
den Lippen geradeaus davon, durchstreift die unruhige Menge und
überschreitet elegant sämtliche Absperrungen, bis er schließlich
in einem Gang verschwindet. „Wo geht er denn jetzt hin?“, erkundige ich mich bei Oscar. Der
zuckt ärgerlich die Schultern. „Frag ihn bloß nicht, sonst sagt er
nur: Der Weg ist das Ziel, oder irgend sowas.“</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<br /></div>
<div style="font-style: normal; margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
Ich nehme mir an Beispiel an Savinda und laufe wahllos einen der
Gänge hinunter. An den Türen stehen die Namen verschiedener
Mitarbeiter. Ob deren Büros wohl ein bisschen gemütlicher sind? Bei
einem er Büros steht die Tür offen. An der Tür steht der Name
'Herbert Müller'. Ich linse hinein.
</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<br />
<h3>
</h3>
</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-align: center; text-decoration: none;">
<h3>
<i>JEDER KRIEGT,
WAS ER VERDIENT?</i></h3>
</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<br />
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://1.bp.blogspot.com/-jwSh_fBuy-4/UbnO5wzvKMI/AAAAAAAAAL0/qggKZ_kJYTQ/s1600/644078_web_R_K_B_by_Lupo_pixelio.de(1).jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="160" src="http://1.bp.blogspot.com/-jwSh_fBuy-4/UbnO5wzvKMI/AAAAAAAAAL0/qggKZ_kJYTQ/s320/644078_web_R_K_B_by_Lupo_pixelio.de(1).jpg" width="320" /> </a></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<br /></div>
„Da sind Sie
ja doch noch. Kommen Sie herein.“, fordert mich eine müde Stimme
auf. Ich gehorche zögernd. „Setzen Sie sich.“</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
Der Mann mit den
schlaffen Schultern und dem schütteren grauen Haar scheint irgendwie
durch mich hindurch zu schauen, als monoton er erklärt: „Ich bin
Ihr neuer persönlicher Ansprechpartner in Sachen
Arbeitsvermittlung.“ In resigniertem Tonfall fügt er leise hinzu:
„Ihr Fall wurde natürlich wieder mal zu mir verschoben“.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
„Sie haben
Ihre letzten drei Termine versäumt.“</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
„Tatsächlich?“</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
„Sie wissen,
dass es Ihre Pflicht ist, sich regelmäßig bei uns zu melden.“</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
„Achso...“</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
„Wissen Sie,
wir sind hier keine Bank. Ich muss hier auch regelmäßig erscheinen
und etwas für mein Geld tun. Das müssen Sie deshalb auch, verstehen
wir uns?“</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://4.bp.blogspot.com/-1nw9AHL_2_M/UbnRqrIkLxI/AAAAAAAAAMY/wOJFG5QQeAY/s1600/649451_web_R_K_B_by_Alexandra+H._pixelio.de.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="133" src="http://4.bp.blogspot.com/-1nw9AHL_2_M/UbnRqrIkLxI/AAAAAAAAAMY/wOJFG5QQeAY/s200/649451_web_R_K_B_by_Alexandra+H._pixelio.de.jpg" width="200" /></a></div>
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
Ich überlege
kurz, ob ich Herrn Müller darüber aufklären soll, dass ich heute
zum ersten mal im <span style="color: black;">Jobcenter bin, entscheide
mich dann aber dagegen. Er sieht sowieso schon so angestrengt aus,
dass ich ihm die Verwirrung lieber erspare.</span></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<span style="color: black;">„Natürlich
halte ich Sie nicht für eine Bank.“, antworte ich beschwichtigend.</span></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<span style="color: black;">„Wieso
erscheinen Sie dann nicht zu Ihren Terminen? Finden Sie das gerecht,
dass ich hier von morgens bis abends Kunden empfange, Anträge über
Anträge auswerte und Sie ihr Geld hinterher geworfen bekommen? Man
kann nicht immer nur haben, haben, haben. Man muss dafür auch etwas
tun. Keine Leistung ohne Gegenleistung.“</span></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<a href="http://4.bp.blogspot.com/-mrebuVTqPyc/UbnN_jSonoI/AAAAAAAAALo/hUF8rhV1E44/s1600/52982_web_R_by_A.+Rathgeber_pixelio.de.jpg" imageanchor="1" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="200" src="http://4.bp.blogspot.com/-mrebuVTqPyc/UbnN_jSonoI/AAAAAAAAALo/hUF8rhV1E44/s200/52982_web_R_by_A.+Rathgeber_pixelio.de.jpg" width="150" /></a><span style="color: black;"> </span><br />
<span style="color: black;">„Und
was könnte meine Gegenleistung sein?“</span></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<span style="color: black;">„Tun
Sie alles erdenkliche um einen Arbeitsplatz zu finden!“</span></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<span style="color: black;">„Und
wenn es keinen Arbeitsplatz für mich gibt?“ </span>
</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<span style="color: black;">„Dann
erscheinen Sie trotzdem zu ihren Beratungsterminen, füllen Sie
anständig und pünktlich Ihre Anträge aus, bewerben Sie sich
überall, wo es geht, und schauen Sie nicht so viel Fernsehen.“</span></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<span style="color: black;">Herr
Müller wird langsam munterer.</span></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<span style="color: black;">„Aber
wieso ist das dann gerechter, das hilft Ihnen doch auch nicht weiter,
oder?" </span></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<br />
<span style="color: black;">Es
entsteht eine irritierte Pause. Herr Müller schaut von seinem
Bildschirm auf und scheint mich das erste Mal wirklich anzuschauen. Nachdrücklich erklärt er: "Jeder muss einer Erwerbsarbeit nachgehen. Man muss sich seinen Lohn
verdienen."</span><br />
<span style="color: black;">Er wirft mir einen misstrauischen Blick zu: "Aber Sie
sind nicht hier, um mit mir über Gerechtigkeit zu reden, Sie wollen
nur Ihr Geld und dann wieder verschwinden, oder?“</span></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
"Naja, eigentlich bin ich nur hier um jemanden zu suchen...Trotzdem interessiert mich auch, wie Sie eigentlich Ihre eigene Arbeit finden."</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<span style="color: black;">Verwundert über die Gegenfrage kratzt sich Herr Müller nachdenklich am Kopf und setzt schließlich einen wehmütigen
Blick auf.</span></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
„Früher hätte ich nie mit einem Kunden über mich geredet. Wissen Sie,
früher hat mir dieser Beruf auch wirklich noch Spaß gemacht. Ist ja
auch eine verantwortungsvolle Aufgabe. Schließlich gilt es, genau
einzuschätzen, wer welche Chancen auf einen Arbeitsplatz hat und wem
wieviel zusteht.“<br />
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://3.bp.blogspot.com/-lhjAp-q3Vyo/UbpUa74z6lI/AAAAAAAAANM/t9Vii4iTSuA/s1600/447355_web_R_by_Thorben+Wengert_pixelio.de.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="106" src="http://3.bp.blogspot.com/-lhjAp-q3Vyo/UbpUa74z6lI/AAAAAAAAANM/t9Vii4iTSuA/s200/447355_web_R_by_Thorben+Wengert_pixelio.de.jpg" width="200" /></a></div>
</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
Seine blauen
Augen leuchten plötzlich unter dem grauen Haarschopf hervor.
</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
„Wer motiviert
und talentiert ist und wer faul. Und ich habe gegeben was ich konnte.
Mit guten Resultaten. Zuckerbrot und Peitsche, wissen Sie. Und meine
Kunden haben mir zugehört und waren dankbar. Aber ehrlich gesagt,
irgendwie hat sich das alles geändert, hier ist kaum noch jemand
richtig motiviert, wie denn auch? Außerdem bin ich zu alt für
sowas. Man altert hier schneller als anderswo.“<br />
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<a href="http://4.bp.blogspot.com/-tJ3sEqgnT40/UbnThnumEeI/AAAAAAAAAMo/QsCsCtpVOoA/s1600/245071_web_R_K_B_by_Stephanie+Hofschlaeger_pixelio.de.jpg" imageanchor="1" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="160" src="http://4.bp.blogspot.com/-tJ3sEqgnT40/UbnThnumEeI/AAAAAAAAAMo/QsCsCtpVOoA/s200/245071_web_R_K_B_by_Stephanie+Hofschlaeger_pixelio.de.jpg" width="200" /></a></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<br />
<br />
„Jeder
bekommt, was er verdient. Das ist mein Grundsatz und das wird es auch
bleiben. Aber wissen Sie
eigentlich, wie schwer das manchmal festzustellen ist, was jemand
verdient?“</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
Er seufzt
gequält und hebt einen riesigen Papierstapel hoch, den er
geräuschvoll wieder auf den Tisch fallen lässt.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<br />
<br />
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
„Nehmen wir
mal Ihr Beispiel. Sie gehören jetzt zum Teil der 80%
nicht-wiedereingliederungsfähigen Kunden. Was soll ich denn mit
Ihnen anfangen?“</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
Ich zucke
schuldbewusst die Achseln und bemühe mich, ihm einen aufmunternden
Blick zuzuwerfen.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
Er blickt kurz
irritiert hoch: „Aber da schreiben Sie jetzt keine Zeitungs-Columne
drüber, oder? Hatte ich neulich auch schonmal... Das dürfen Sie
nämlich eigentlich nicht sehen, aber gut, also hier ist ihr Profil.“</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
Er dreht den
Computer-Bildschirm zu mir.
</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
„Schauen Sie,
hier in Ihrem Persönlichkeitsprofil steht schon eine Menge, das soll
ich heute überarbeiten. Also, Sie sind 'eher reizbar', 'schwer zu
motivieren' und 'erscheinen regelmäßig zu spät zu Ihrem
Beratungstermin'.“<br />
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://1.bp.blogspot.com/-FEfTOLKLeiU/UbnVK1KvRtI/AAAAAAAAAM8/xkNLiLB2Nqs/s1600/215705_web_R_by_BirgitH_pixelio.de.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="130" src="http://1.bp.blogspot.com/-FEfTOLKLeiU/UbnVK1KvRtI/AAAAAAAAAM8/xkNLiLB2Nqs/s200/215705_web_R_by_BirgitH_pixelio.de.jpg" width="200" /></a></div>
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
Er wirft mir
einen prüfenden Blick über den Rand des Bildschirms zu.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
„ Außerdem
besuchen Sie Ihre Wiedereingliederungsmaßnahme nur sehr
unregelmäßig, steht hier.“</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
„<i>'Wiedereingliederung'</i>?
Bin ich denn irgendwo 'ausgegliedert'?“<br />
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://3.bp.blogspot.com/-b5J6DPgrM5w/UbnPY6Sg9CI/AAAAAAAAAMA/ovuGNk50UPQ/s1600/643138_web_R_K_B_by_Wilhelmine+Wulff_pixelio.de.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="125" src="http://3.bp.blogspot.com/-b5J6DPgrM5w/UbnPY6Sg9CI/AAAAAAAAAMA/ovuGNk50UPQ/s200/643138_web_R_K_B_by_Wilhelmine+Wulff_pixelio.de.jpg" width="200" /></a></div>
</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
„Na
selbstverständlich. Aus der Arbeitswelt und damiteigentlich gewissermaßen
auch aus der Gesellschaft. Aber, keine Angst“, fährt er in
beruhigendem Ton fort, als er meinen erschrockenen Blick sieht,
„dafür gibt es ja die 'Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen
Eingliederung'. Sie sind dazu da, Sie wieder an feste Strukturen zu
gewöhnen. Damit Sie wieder lernen morgens früh aufzustehen. Feste
Alltagsstrukturen sind das A und O. Das erleichtert Ihnen später den
Einstieg in die Arbeitswelt.
</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
Obwohl...bei
Ihnen sieht das ein bisschen anders aus. Sehen Sie? Sie sind hier
schon als 'arbeitsunwillig' eingestuft. Also Sie sind wirklich schon
ziemlich weit unten in der Langzeitarbeitslosigkeit gelandet...“</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
Er wirft mir
einen väterlichen Blick zu, der mich wahrscheinlich aufmuntern soll.
„Bei Ihnen dient die Maßnahme eigentlich nur zur Strukturierung
Ihres Alltags, das bewahrt Sie z.B. vor Depressionen und naja, die
Quoten und Statistiken sind auch nicht ganz unwichtig, wir haben schließlich unsere
Auflagen.“</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<br />
<a href="http://2.bp.blogspot.com/-vfG7Bf0jJfk/UbnQELVrt7I/AAAAAAAAAMI/JBxZ-zQh37k/s1600/220px-Kmdd.jpg" imageanchor="1" style="clear: right; float: right; margin-bottom: 1em; margin-left: 1em;"><img border="0" height="200" src="http://2.bp.blogspot.com/-vfG7Bf0jJfk/UbnQELVrt7I/AAAAAAAAAMI/JBxZ-zQh37k/s200/220px-Kmdd.jpg" width="200" /></a></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
„Was ist denn
das für eine 'Maßnahme'?“ erkundige ich mich vorsichtig.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
„'Drogenprävention'“</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
„Nehme ich
Drogen? Nur weil ich keinen Job habe?“, frage ich erschrocken.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
„Nein, nein.
Ich sage meinen Kunden doch immer wieder, dass wir ihnen damit nichts
unterstellen wollen. Es soll nur eine Unterstützung für den Fall
der Fälle darstellen. Jetzt sein Sie doch nicht so gekränkt, Sie
gehen ja sowieso nie hin!"<br />
<br />
<br />
"Außerdem wollte ich auf etwas ganz anderes
hinaus.“</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
Sein Blick
wandert wieder müde zum Papierstapel.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
„ Es ist jetzt
endlich mühsam errechnet, was Ihnen zusteht. Sie wissen gar nicht,
wieviel Arbeit hier drinsteckt. Aber Sie haben ja sowieso keine
Vorstellung von Arbeit, darum sitzen Sie ja hier...</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
Man kann Ihnen
aber zu Gute halten, dass Sie nicht ständig Sonderanträge stellen,
die der Prüfung bedürfen. So etwas wie das Mittagessen für
Schulkinder. Aber Sie haben ja zum Glück keine Kinder.“</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
„Trotzdem. Bei
Ihrem Profil kann ich mir gut vorstellen, dass bald ein Prüfdienst
zu Ihnen geschickt wird. Das müsste ich eigentlich mal
veranlassen... Die kommen dann unangemeldet in Ihre Wohnung und
schauen Ihre elektronischen Geräte an, messen ihre Quadratmeter
nach... Falls Sie einfach nur ein Schmarotzer des Sozialstaats sein
sollten. Und dann haben Sie natürlich 10 Quadratmeter mehr als
angegeben in Ihrem Wohnzimmer. Und schon geht die ganze Rechnerei
wieder los... Wissen Sie, ich saß mal in der 'Leistungsvergabe',
also unserer Rechnungsstelle, das war auch nicht ganz leicht, wenn
vielleicht auch angenehmer als mit den 80%
Nicht-Wiedereingliederungsfähigen...“</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
„Und es ist
nicht nur, dass das höllisch viel Arbeit macht, allen Leuten ständig
hinterherzukontrollieren. Wenigstens bringt das unsere Mitarbeiter
in Lohn und Brot. Nur manchmal ist es einfach zu frustrierend.
Neulich, als alles mühsam errechnet war, habe ich einen Kunden zum
psychologischen Dienst geschickt, damit dort für mein Profil einmal
in Ruhe festgestellt werden kann, ob er überhaupt arbeitswillig ist. Da geht es darum, das wahre Gesicht des Kunden kennenzulernen.<br />
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://1.bp.blogspot.com/-0u-zdB8Ktow/UbnUn525y3I/AAAAAAAAAM0/1D-CowvgPhE/s1600/120679_web_R_B_by_S.+Hofschlaeger_pixelio.de(1).jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="149" src="http://1.bp.blogspot.com/-0u-zdB8Ktow/UbnUn525y3I/AAAAAAAAAM0/1D-CowvgPhE/s200/120679_web_R_B_by_S.+Hofschlaeger_pixelio.de(1).jpg" width="200" /></a></div>
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
Und was macht
dieser sogenannte Dienst? Anstatt mir einfach zu bestätigen, dass
der Kunde arbeitsunwillig ist, steht da etwas von psychischen
Blockaden und Traumata. Was soll ich denn damit anfangen? Ich kann
doch jetzt nicht anfangen miteinzukalkulieren, ob jemand in seiner
frühen Kindheit nicht von seiner Mutti geliebt wurde, das ist doch
hoffnungslos... Außerdem stand da, ich würde zu viel Druck auf ihn
ausüben und seine Persönlichkeit nicht respektieren. Die Leute sind
doch alle verrückt geworden. Ich will doch nur das Beste für ihn,
nämlich ihm einen Arbeitsplatz verschaffen und ihm beibringen, dass
man etwas für sein Geld tun muss...“</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
Ich nicke
verständnisvoll. „Vielleicht funktioniert das mit dem Einkategorisieren und dem Verdienstprinzip
in der Praxis einfach nicht ganz so gut.“</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
„Vielleicht...“</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
„Und fühlen sich nicht manche Kunden etwas gekränkt, wenn sie immer nur danach bewertet werden, ob sie einer
anerkannten Erwerbsarbeit nachgehen und ihnen automatisch unterstellt
wird, dass sie faul sind? Zumal es ja auch einfach aus strukturellen
Gründen nicht genug Arbeitsplätze gibt." </div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
Herr Müller
zieht grimmig die Augenbrauen zusammen.
</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
Ich wechsle
schnell das Thema:</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
„Das kostet
doch auch alles ganzschön viel, festzustellen, wer was verdient,
oder?“</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
„Unsummen und
am Ende bleibt es trotzdem immer vage.“</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
„Ich habe mal
gehört, dass man von dem Geld, das man in der Arbeitsverwaltung
einsparen könnte, sogar ein Grundeinkommen finanzieren könnte.“</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
„Ein
Einkommen, das man sich nicht verdient?“</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
„Naja, man
verdient es sich nicht durch Erwerbsarbeit. Es reicht sozusagen aus,
dass man ein Mensch ist. Es würde auch nur das abdecken, was man zum
grundlegenden Lebenserhalt braucht und dafür müsste man auch nicht
kontrolliert und kategorisiert werden."</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
„Das geht
nicht. Vielleicht finanziell. Aber moralisch? Jeder soll nur
bekommen, was er verdient.“</div>
<div style="margin-bottom: 0cm; text-decoration: none;">
<br /></div>
Anonymoushttp://www.blogger.com/profile/13287094357124248293noreply@blogger.com2tag:blogger.com,1999:blog-2634417027219653795.post-7543502367357225362013-06-01T07:19:00.000-07:002013-06-01T08:24:54.165-07:00Streifzug Kim: Freiheit statt Freizeit? Das bedingungslose Grundeinkommen<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;">Anlässlich des
Geburtstags meines Freundes Herbert, der in einem Jobcenter in Neukölln
arbeitet, sitzen wir an einem lauen Frühlingsabend im Biergarten und sprechen
über das bedingungslose Grundeinkommen.</span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;">
<br />
Herbert, ein rundlicher Mann mit graumeliertem Haar, das an einigen Stellen
schon zur Glatze neigt, befindet sich eigenen Aussagen zufolge gerade in einer
Lebenskrise des mittleren Alters. Er ist unzufrieden mit seiner Arbeit, die ihm
jeden Tag spiegelt, wie sinnlos und ungerecht das Leben ist. Er hat keine
Freunde und wollte sich ursprünglich zum Geburtstag mit einer Flasche Wein in
die Badwanne zu setzen. Um ihn aufzuheitern, habe ich ein paar Freunde
eingeladen. Jetzt sitzen wir in dem Efeubewachsenen Garten im Hinterhof einer
Neuköllner Kneipe.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;"><br /></span>
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://3.bp.blogspot.com/-fcZ1lmsmmp0/Uan_czvbYqI/AAAAAAAAAJ4/Iwp2mDLbXoA/s1600/640388_web_R_K_B_by_SuicideOmen_pixelio.de.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="200" src="http://3.bp.blogspot.com/-fcZ1lmsmmp0/Uan_czvbYqI/AAAAAAAAAJ4/Iwp2mDLbXoA/s200/640388_web_R_K_B_by_SuicideOmen_pixelio.de.jpg" width="150" /></a></div>
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;"><br />
Oscar, der heute ein Börsenschnäppchen gemacht hat und sich deshalb in
hervorragender Stimmung befindet, hat zur Feier des Tages hat er eine Runde
Getränke für alle ausgegeben. Herbert trinkt Wein, Ginny und ich Bier, Dave,
dessen Gesicht hinter einer antiken Spiegelreflexkamera verschwunden ist,
Clubmate mit Vodka. Savinda schlürft Mangolassi und Oscar hat sich einen
Whiskey Bourbon genehmigt. Er prostet Herbert zu, der sein Weinglas hebt und
mit gequältem Lächeln zurückprostet. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;"><br />
“Alles Gute und Glückliche im neuen Lebensjahr. Erfolg, Reichtum, Wachstum...”<br />
“Ja, ja. Lass gut sein." Herbert hebt abwehrend die Hände und fährt sich
mit bedrückter Mine über seine Halbglatze. “Dazu wird es wohl kaum mehr
kommen...”<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<br /></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;">Die bunte Runde
an unserem Tisch sticht sichtbar aus dem Publikum aus älteren türkischen
Herrschaften und jungen StudentInnen hervor. Trotzdem scheint sich niemand
darüber zu wundern, dass Dave am laufenden Band Fotos schießt mit einer Kamera,
die ihre besten Jahre schon hinter sich hat, oder dass Savinda barfuß
herumläuft.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<br /></div>
<div class="MsoNormal">
<br /></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;">“Ach Herbert.”
Ginny knufft den Mann in die Seite und hebt ebenfalls ihr Glas. “Lass dich doch
nicht immer so unterkriegen.”<br />
“Ja, ja, du hast gut Reden.” Herbert nimmt seine Brille ab und putzt
ausgiebig die beschlagenen Gläser. “Wenn
du wüsstest, wie furchtbar es ist, jeden Tag zur Arbeit zu gehen... immer diese
faulen Leute, die nicht arbeiten wollen. Und dieser ständige Papierkram mit dem
ich mich beschäftige, der macht mich ganz krank.”<br />
<br />
Oscar nippt an seinem Whiskey und schenkt der vorbeiziehenden Kellnerin ein
wohlwollendes Lächeln. “Das liegt an dem vollkommen überholten
Arbeitslosensystem, in dem du da arbeitest, auf das sich der deutsche Staat
leider Gottes immernoch bezieht. Nichts als Bürokratie, für die der
Steuerzahler aufkommen muss.” Er schüttelt abschätzig den Kopf. “Ich habe das
mal durchgerechnet. Es wäre viel effizienter, ein bedingungsloses
Grundeinkommen einzuführen.”<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;"><br />
Ich werfe Oscar einen interessierten Blick zu. "Bedingungslos?" Das
Wort habe ich noch nie aus seinem Mund gehört. Auch Savinda sieht auf und seine Mine erhellt sich. Lautstark
zieht er an seinem Strohhalm. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;"><br />
Oscar nickt und lehnt sich in seinem Stuhl zurück. “Wenn man die ganzen
Bedürftigkeitszahlungen vereinfacht und den Aufwand der Bedürftigkeitsprüfung streicht,
dann spart man so viel Geld, dass man jedem Bürger ein Grundeinkommen auszahlen
könnte.“<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;"><br />
“Dann wäre ich ja arbeitslos”, murmelt Herbert mit düsterer Mine.<br />
“Na und? Dann würdest du ja ein Grundeinkommen beziehen und könntest
effektivere Dinge tun als sinnentleerte Verwaltungsarbeit, die niemandem etwas
nützt."<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;"><br /></span></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://3.bp.blogspot.com/-olYE0Yr0o6Q/UaoCvKGi3oI/AAAAAAAAAK4/SAMlH06xR6A/s1600/626738_web_R_K_by_Stefan+Bayer_pixelio.de.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="200" src="http://3.bp.blogspot.com/-olYE0Yr0o6Q/UaoCvKGi3oI/AAAAAAAAAK4/SAMlH06xR6A/s200/626738_web_R_K_by_Stefan+Bayer_pixelio.de.jpg" width="200" /></a></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;"><br /></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;"><br />
Ich erinnere mich, dass ich bei den letzten Berliner Wahlen etwas von einem
bedingungslosen Grundeinkommen auf den Plakaten einer der Parteien gelesen
habe. "Das heißt doch, jeder Bürger soll einen bestimmten Betrag an Geld
im Monat bekommen, mit dem seine Existenz und seine gesellschaftliche Teilhabe
abgesichert ist, stimmt’s? Egal, ob er arbeitet oder wie viel er verdient, oder?
Hatten das nicht die Piratenpartei in ihrem Programm?”</span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;"><br />
“Piratenpartei”, sagt Oscar abschätzig und nippt an seinem Whiskey. “Du weißt
genau, dass ich mich ganz der FDP verschrieben habe. Das bedingungslose
Grundeinkommen entspricht aber absolut meinen liberalen und ökonomischen
Interessen. Gerade verfließt doch immenses Steuergeld in einem vollkommen
unnötigen Bürokratieapparat der so tut, als wäre Arbeitslosigkeit ein
vorübergehendes Problem."<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;"><br />
“Das ist es ja auch", wirft Ginny ein. "Arbeitslosigkeit ist ein
strukturelles und systeminhärentes Problem des Kapitalismus.” Sie klopft mit
der Faust auf den Tisch, Dave schießt ein paar Fotos von ihr. “Für mich klingt
dieses bedingungslose Grundeinkommen ganz nach einer Masche der Elite, um sich
vor Mindestlöhnen und Vollzeitanstellungen zu drücken.”<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;"><br />
Oscar verdreht die Augen. “Das Grundeinkommen hat doch nichts mit dem
Mindestlohn zu tun, das ist eine ganz andere Debatte. Aber ist ja mal wieder
typisch für dich und deine Leute, dass ihr einfach alles zusammen
werft..." Er kippt seinen Whiskey herunter. "Und von wegen Vollzeitanstellung,
das ist es ja gerade. Es kann keine
Vollzeitanstellungen für alle geben, weil gar nicht genug Arbeit für alle da
ist.”<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;"><br />
“Natürlich ist genug Arbeit für alle da!” Erzürnt starrt sie Oscar an.<br />
Herbert nickt zustimmend. “Wer arbeiten will, der findet auch Arbeit. Würde so
ein bedingungsloses Grundeinkommen etwa bedeuten, dass selbst die faulen Leute,
die gar nicht arbeiten wollen, einfach Geld vom Staat bekommen?”<br />
<!--[if !supportLineBreakNewLine]--><br />
<!--[endif]--><o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;">Savinda zieht an
seinem Strohhalm und wirft Herbert einen strengen Blick zu. “Faule Menschen,
fleißige Menschen... es ist doch alles eins! Man sollte allen Menschen
bedingungslos Geben, damit sie sich frei entfalten können.”<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;"><br />
Dave, der bis dahin permanent durch sein Objektiv gestarrt hat, lässt die Kamera langsam sinken. “That's true."
Er schlägt die Beine übereinander, seine neongrünen Socken kommen zum Vorschein.
"Freie Entfaltung. Ich fände ein bedingungsloses Grundeinkommen great.
Dann könnte ich mich endlich ganz frei in der Kunst entfalten und müsste nicht
mehr in der Agentur arbeiten, um Geld zu verdienen.”<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;"><br />
“Ja, ja.” Oscar winkt der Kellnerin zu, um sich noch einen Whiskey zu
bestellen. “Auf jeden Fall hätten mehr
Kleinunternehmer und Leute mit Innovation eine finanzielle Grundlage, um
erfolgreich durchzustarten.“<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<br /></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
</div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://3.bp.blogspot.com/-AgJmz2gj0DU/UaoA1gKAumI/AAAAAAAAAKY/vst37OkT8oY/s1600/625676_web_R_by_Thomas+Klauer_pixelio.de.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="133" src="http://3.bp.blogspot.com/-AgJmz2gj0DU/UaoA1gKAumI/AAAAAAAAAKY/vst37OkT8oY/s200/625676_web_R_by_Thomas+Klauer_pixelio.de.jpg" width="200" /></a></div>
<div class="MsoNormal">
<br /></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;"><br />
"Unsinn." Herbert rümpft die Nase. "Wenn jeder ein
Grundeinkommen bekommt, dann will doch niemand mehr arbeiten."<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;"><br />
"Wieso müssen denn alle Menschen unbedingt arbeiten?" Oscar lächelt
der Kellnerin zu, die seinen Whiskey auf dem Tisch abstellt. "Gesellschaft
wurde immer von einer Elite getragen. Die meisten Arbeitslätze brauchen wir
überhaupt nicht mehr, damit unser Land funktioniert. Wir leben doch in Zeiten
der Industrialisierung, mittlerweile haben eben die Maschinen einen Großteil
der Arbeit übernommen." Triumphierend sieht er in die Runde. "Warum
sollten manche Leute nicht einfach das Leben genießen, wenn sie nicht arbeiten
wollen?“<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;"><br />
"Auf Kosten von Papa Staat, ja?", sagt Herbert sichtlich verärgert.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<br /></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;">"Warum soll
es besser sein, einer Arbeit nachzugehen, die keiner braucht? Wir sind ein
reiches Land und es ist genug Geld für alle da, solange die wichtigen Sektoren,
funktionieren. So wie der Wirtschaftszweig."<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;"><br />
"Und die Kunst. Art, das ist auch
sehr wichtig!“, wirft Dave mit ernster Mine ein. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;"><br />
"Ja, ja. Auf jeden Fall muss ein großer Teil der Arbeit nicht mehr
von Menschen gemacht werden. Wieso also nicht einfach den Leuten ihr Geld zum
Leben geben und sie machen lassen, was sie wollen, statt sie in sinnlose Jobs
zu zwingen?”<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<br /></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;">„Richtig.“ Savinda
nickt langsam. „Zwang und Existenzangst, das sind keine Grundlagen für ein
spirituelles und selbstbestimmtes Leben.“ Er beginnt Däumchen zu drehen. „Wenn
alle Menschen frei wären zu entscheiden, was sie tun wollen… das wäre ja ein
ganz neuer Schritt in der Menschheitsgeschiche! Dann geht es im Alltag nicht
mehr um die Frage des Überlebens, sondern endlich um die Frage des Seins! Dann ist
Raum für die tiefen spirituellen Fragen.“<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;"><br />
“Spirituelle Fragen?”, wiederholt Herbert. Er streicht seinen Schnauzbart glatt
und starrt Savinda kopfschüttelnd an. “Dann verblöden die Leute vor dem
Fernseher, weil sie keinen Antrieb zur Arbeit mehr haben!”<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<br /></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://2.bp.blogspot.com/-_R6ldNfN9_A/UaoBE8lfgkI/AAAAAAAAAKg/9SzYa3M-7cM/s1600/556984_web_R_B_by_olga+meier-sander_pixelio.de.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="200" src="http://2.bp.blogspot.com/-_R6ldNfN9_A/UaoBE8lfgkI/AAAAAAAAAKg/9SzYa3M-7cM/s200/556984_web_R_B_by_olga+meier-sander_pixelio.de.jpg" width="150" /></a></div>
<div class="MsoNormal">
<br /></div>
<div class="MsoNormal">
<br /></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;">Ginn wirft ihm
einen fuchsigen Blick zu. „Ach ja? Würdest du denn nicht mehr arbeiten, wenn du
ein Grundeinkommen hättest?“<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<br /></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;">Herbert trinkt
etwas Wein und schürft die Lippen. „Na ja, ich würde vielleicht schon noch
arbeiten. Man braucht ja auch so was wie einen Alltag. Aber weniger. Damit ich
mehr Zeit zum Angeln gehen hab.“ Ein kleines Lächeln zeigt sich auf seinen
Lippen, offenbar beim Gedanken an seine Fische. „Auf jeden Fall würde ich nicht
mehr im Jobcenter arbeiten.“<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<br /></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;">„Würdest du etwa
auch artist werden wollen?“, wirft Dave ein. Mit besorgter Mine knibbelt er am
Schild seiner Clubmate Flasche. „Wenn alle ein Grundeinkommen haben, vielleicht
wollen sich dann alle freestyle in der Kunst entfalten. Dann sind die people
aus der Branche überhaupt nicht mehr exklusiv. Das wäre ja awful!“<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<br /></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;">„Das glaube
kaum“, sagt Herbet zweifelnd. „Die Leute, die zu mir ins Jobcenter kommen, sind
größtenteils auch keine Künstler. Das sind doch alles Schlawiner, die am
liebsten vor dem Fernseher sitzen und den Staat um sein Geld bringen. Die
würden durch so ein Grundeinkommen noch gestärkt werden.”</span></div>
<div class="MsoNormal">
<br /></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;">“Das ist
vielleicht die Unterschicht”, sagt Oscar trocken. “Die wird es immer geben. Wer
nicht arbeiten will, der kann auch von Harz 4 leben, das ist doch jetzt schon
so. Die Mittelschicht wird weiter arbeiten, auch mit bedingungslosem
Grundeinkommen. An dem Anreiz, mehr Geld zu verdienen, verändert sich doch
überhaupt nichts. Meinst du, die Leute wollen sich mit einem Grundeinkommen
zufrieden geben? Der Mensch strebt immer nach mehr Geld! Sonst würde ja niemand
arbeiten, der aus einem guten Elternhaus stammt.“<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<br /></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;">„Geld, Geld,
Geld… Der Mensch findet doch auch Erfüllung in seiner Arbeit“, wirft Ginny ein.
„Das Problem ist doch, dass die
sinnvollen Jobs nicht vernünftig bezahlt werden. Der Pflegesektor zum Beispiel.
Und die ganze ehrenamtliche Arbeit die Menschen machen, um echte Probleme so
wie Hunger und Armut zu bekämpfen. Wir brauchen kein bedingungsloses
Grundeinkommen, sondern einen Mindestlohn und eine gerechte Umverteilung von
Geld!”<br />
<br />
“I don't understand”, meint Dave und schaut Ginny über den breiten Rand seiner
Brille hinweg an. “Wenn du schon ein Grundeinkommen hast, dann kannst du doch
ehrenamtlich arbeiten, ohne dafür bezahlt zu werden. Ich mache doch auch meine
Kunst und kriege fast kein Geld dafür. Ich finde es schwachsinnig immer so zu
trennen zwischen work und freetime. Man muss doch einfach leben. Go with the
flow. Nicht nur arbeiten wie eine Maschine.”<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;"><br />
Savinda nickt strahlend. „Bedingungslose Freiheit würde so viele menschliche
Potentiale freisetzen! Mehr Zeit für Spiritualität, für die Sinnfrage, für das
Miteinander…“<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<br /></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;">„Für politisches
Engagement und die echten Weltprobleme vielleicht“, korrigiert Ginny.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;"><br /></span></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://2.bp.blogspot.com/-TbnxuvGJR2c/UaoBRhrv6II/AAAAAAAAAKo/9nxp-AUwXR0/s1600/496396_web_R_B_by_Gerd+Altmann_ladyoak.com_pixelio.de.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="141" src="http://2.bp.blogspot.com/-TbnxuvGJR2c/UaoBRhrv6II/AAAAAAAAAKo/9nxp-AUwXR0/s200/496396_web_R_B_by_Gerd+Altmann_ladyoak.com_pixelio.de.jpg" width="200" /></a></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;"><br /></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;"><br />
“So ein Unsinn”, sagt Herbert kopfschüttelnd. “Wer soll denn dann die ganzen
unangenehmen Jobs machen, wie... Toiletten putzen oder im Supermarkt arbeiten?”<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;"><br />
“Die müssten eben endlich mal besser bezahlt werden”, wirft Ginny ein.
Nachdenklich kaut sie an ihrer Unterlippe herum. “Trotzdem gefällt es mir
nicht, dass ein Millionär auch ein Grundeinkommen kriegen soll – das gleiche
wie die arme Putzfrau. Das ist doch ungerecht.”<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<br /></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;">„Jeder sollte
kriegen, was er verdient“, murmelt Herbert zustimmend in seinen Wein.<br />
<br />
“Ach ja, und im Moment ist besonders gerecht oder was?“ Oscar zieht sarkastisch
die Augenbrauen hoch. "Du glaubst doch nicht etwa, dass unser jetziges
Steuersystem für deine Putzfrau besonders nett ist?"<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<br /></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;">Plötzlich fällt
mir etwas ein. „Ich bekomme doch Bafög vom Staat, dafür, dass ich studiere. Das
ist doch auch schon ein bisschen wie ein Grundeinkommen, oder?“<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<br /></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;">Savindas Augen
funkeln vor Begeisterung. „Siehst du und das ermöglicht dir, dich mit
philosophischen Fragen zu beschäftigen. Endlich kann der Mensch frei
entscheiden, wem oder was er sein Leben widmen möchte. Ohne Zwang und ohne
Angst.“ Begeistert schaut er Oscar an. „Wo kann ich unterschreiben, damit
dieses Grundeinkommen eingeführt wird?“</span><span style="font-size: medium;"><o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;"><br /></span></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
</div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Trebuchet MS, sans-serif;"><br /></span></div>
Anonymoushttp://www.blogger.com/profile/13287094357124248293noreply@blogger.com1tag:blogger.com,1999:blog-2634417027219653795.post-102154493549678262013-05-24T07:26:00.001-07:002013-05-24T11:54:58.017-07:00Über den BlogBerlin: ein Schmelztiegel und Nebeneinander verschiedener Kulturen und
Menschen mit ihren Lebensentwürfen, Alltagsroutinen und Visionen.<br />
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
</div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://2.bp.blogspot.com/-ZJnoKEXHTcI/UZ-wks6kkxI/AAAAAAAAAGU/1PWRYxzTG40/s1600/berlin.JPG" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="240" src="http://2.bp.blogspot.com/-ZJnoKEXHTcI/UZ-wks6kkxI/AAAAAAAAAGU/1PWRYxzTG40/s320/berlin.JPG" width="320" /></a></div>
<br />
Kim
und Ulli, Studenten_Innen, streifen durch die verschiedenen Viertel und
charakteristische Orte der Stadt: die U-Bahn, Parks, Cafés, das
Jobcenter, die Uni, die Bank...<br />
<br />
Dort begegnen sie der Alltagswelt der
Berliner und wundern sich über die verschiedenen gesellschaftlichen
Erwartungen und Imperative, die sie darin finden: z.B. das Schweigen in
der U-Bahn, das Streben nach Effizienz und Wachstum, die Schlagzeilen
der Bildzeitung, die gegensätzlichen Vorstellungen von einem gelungenen
Einkauf...<br />
<br />
Sie treffen unterschiedliche Menschen mit ihren verschiedenen
Lebenskonzepten und Lebenswelten und sind erstaunt über die scheinbar
absoluten Gesetze, die in einem Bereich uneingeschränkt gelten und im
nächsten schon wieder vollkommen anders sind. <br />
<br />
Darunter befinden sich
ihre Freunde:<br />
<br />
Ginny: die vegane Weltverbesserin, die ständig auf Demos
für die bessere Welt kämpft.<br />
<br />
Oscar: der Homo Oeconomicus, der sich am
liebsten dem Spiel mit seinem I-Phone hingibt.<br />
<br />
Savinda: der spirituelle
Yogi, der sich ganz dem Bewusstsein gewidmet hat.<br />
<br />
Dave: der Künstler aus
Prenzlauer Berg, der nachts mit einem Glas Sekt Vernissagen beiwohnt
und nachmittags Frühstücken geht .<br />
<br />
Prof. Peter Luckmeier: der
Neurobiologe und Verhaltenstherapeut, der den Menschen als ein Ensemble
von Neuronen und Aktionspotenzialen enttarnt hat.<br />
<br />
... und weitere! <br />
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://1.bp.blogspot.com/-6f2onePwfz4/UZ-vtz3C2nI/AAAAAAAAAGI/N4hkr-71EUk/s1600/berlin2.JPG" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="240" src="http://1.bp.blogspot.com/-6f2onePwfz4/UZ-vtz3C2nI/AAAAAAAAAGI/N4hkr-71EUk/s320/berlin2.JPG" width="320" /></a></div>
<br />Anonymoushttp://www.blogger.com/profile/13287094357124248293noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-2634417027219653795.post-91431489772718548122013-05-24T07:20:00.003-07:002013-05-25T22:05:26.735-07:00Streifzug Kim: Rastlosigkeit<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Berlin, ein Tempel der Rastlosigkeit.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Ich sitze mit Ginny im Boxhagener Park in Friedrichshain, wo sie mir
von einem seltamen Gefühl der Unruhe erzählt, das sie seit einiger Zeit
überkommen hat.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Es ist einer der ersten Frühlingstage in Berlin.
Nach dem elend langen Winter, der sich noch bis weit in den April
gezogen hat, kämpfen sich die ersten Sonnenstrahlen durch die ewig
grauen Wolken und beleuchten den Platz mit Heiterkeit. Wie das im
Berliner Frühling so ist, kann man die Freude der Menschen über das Ende
der grau winterlichen Trostlosigkeit fast spüren: zwei kleine Mädchen
spielen Fussball auf der Wiese, ein Typ mit tätowierten Armen sitzt im
Gras und zupft genüsslich an seiner Gitarre, das lesbische Pärchen auf
der Bank hält demonstrativ eine Eiswaffel in der Hand und eine Gruppe
von Hippies sitzt trommelnd auf dem Rasen.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;"></span></span><br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://2.bp.blogspot.com/-DlEXrO07S8s/UZ-1itKSItI/AAAAAAAAAGg/7E8ZpGqa7B0/s1600/park.JPG" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" src="http://2.bp.blogspot.com/-DlEXrO07S8s/UZ-1itKSItI/AAAAAAAAAGg/7E8ZpGqa7B0/s320/park.JPG" height="240" width="320" /></a></div>
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">"Es ist diese Stadt", klagt Ginny und starrt finster auf das
Schokoladensojaeis in ihrer Hand. "Es passiert einfach immer zu viel zur
selben Zeit. Ständig müsste man an tausend Orten gleichzeitig sein.”
Sie leckt hektisch an ihrem Eis, das schon anfängt zu schmelzen und an
einer Stelle die Waffel hinab tropft. </span></span><br />
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Neben uns sitzen meine Freunde Savinda und Oscar, von denen
allerdings keiner den Eindruck macht als würde er zuhören. Savinda hat
die Beinde übereinander geschlagen und scheint zu meditieren. Entweder
das, oder er lauscht Ginny mit geschlossenen Augen in größter
Konzentration. Bei Savinda weiß man das ja nie so genau. Oscar spielt
mit seiner Neuerwerbung, dem I-Phone 5, auf dem er mit liebevoll
verzückter Mine herumtippt. Ab und zu schaut er kurz auf und macht "hmm,
ja stimmt”, wobei die Kommentare selten zu dem passen, was Ginny und
ich gerade sagen. Ich nicke Ginny aufmunternd zu um zu demonstrieren,
dass zumindestens einer ihr zuhört.</span></span><br />
<br />
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
</div>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;"> "Weißt du, wie viele Termine und
Verabredungen ich dauernd habe?" </span></span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Sie scheint die mangelnde
Aufmerksamkeit der anderen gar nicht wahrzunehmen. </span></span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Düster starrt sie zu
den trommelnden Hippies herüber, die sich mit geschlossenen Augen zu
ihrem Rythmus hin und her bewegen. </span></span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">"Ständig sitze ich in der U-Bahn und
hetzte von einer Demonstration zur nächsten. Dann zum Kaffeetrinken, zur
Party... und trotzdem hab ich immer noch das Gefühl, als würde ich
ständig etwas verpassen." Sie stöhnt. "Das ist so was von anstrengend.”</span></span><br />
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://3.bp.blogspot.com/-QM7WVsxnXYA/UaEil_SSkUI/AAAAAAAAAHQ/apoOscH0lxw/s1600/ampel.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" src="http://3.bp.blogspot.com/-QM7WVsxnXYA/UaEil_SSkUI/AAAAAAAAAHQ/apoOscH0lxw/s1600/ampel.jpg" height="212" width="320" /></a></div>
<br />
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">"Hm.” Nachdenklich zupfe ich etwas Gras von der Wiese. Ihre Worte
klingen seltsam vertraut. Ständig etwas tun zu müssen und von einem Ort
zum anderen zu eilen. Das kommt mir sehr bekannt vor. </span></span><br />
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Ich selbst
saß gerade noch im Vorlesungssaal in Dahlem, bin dann stracks zur U-Bahn
gelaufen um nicht zu spät zum Treffen mit Ginny zu kommen und habe
während der vierzigminütigen Fahrt nach Friedrichshain in der U-Bahn
noch eben einen Text über die soziale Konstruktion der Wirklichkeit
gelesen. Gerade an der Stelle, in der es um die gesellschaftliche
Formung unserer Alltagszwänge ging und ich mich fragte, wer eigentlich
bestimmt, was ich ständig tun muss, wo ich doch eigentlich als junger
Mensch in Berlin so frei und unabhängig sein sollte, hielt die Bahn an
der Warschauer Straße und ich musste aussteigen, weiter eilen. </span></span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Jetzt
bleibt mir zwar keine Zeit mehr, um über die Sache mit den
gesellschaftlichen Zwängen nachzudenken, aber immerhin, einen von zehn
Unitexten abgehakt. Ständig dieses Textelesen das einfach nie aufhört. </span></span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Manchmal wache ich morgens auf und das erste, woran ich denke ist die
Frage, welchen Text ich als ersten lesen muss. Das finde ich ein
bisschen erschreckend. Ich frage mich, ob es das gleiche Gefühl von
Rastlosigkeit ist, von der Ginny spricht. </span></span><br />
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Sie fährt fort: "Auf der Demo frage ich mich, ob ich nicht lieber
zu meiner Verabredung zum Pizzaessen hätte gehen sollen und beim
Pizzaessen hab ich ein schlechtes Gewissen, weil ich vielleicht besser
auf einer Demo wäre und stattdessen dekadent beim Italiener sitze.."
Unglücklich beginnt sie an ihrer Waffel zu knabbern. </span></span><br />
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Der Typ mit der
Gitarre ein Stück weiter fängt an leise zu summen. Er sitzt unter einem
Kirschbaum, der seine blasslila Blüten in die Sonne streckt. Ziemlich
schön sieht das aus. Berlin im Frühling ist wirklich schön. </span></span><br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
</div>
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
</div>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Die
beiden kleinen Fußball spielenden Mädchen kicken ihren Ball zu uns
herüber. Sie kichern. Mechanisch wirft Ginny ihn zurück. </span></span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">"Ich bin so
etwas von müde. Aber ich kann auch nicht mal für einen Moment still
halten, weil es ja immer etwas Neues zu tun gibt. Es ist diese Stadt!
Ist dir schon mal aufgefallen, wie schnell in Berlin die Ampeln von grün
auf rot schalten? Immer wird erwartet, dass man in Bewegung ist. Es
gibt einfach zu viel zu tun.”</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Ich muss das Pärchen auf der Bank anschauen, das sein Eis fertig
gegessen hat und jetzt Zeitung liest. Der Tatoomann mit der Gitarre
singt noch lauter, er hat die Augen geschlossen und scheint vollkommen
versunken in seiner Musik. Etwas weiter sitzen ein paar Jungs und sonnen
ihre Sixpackbäuche, ihr Gelächter wird vom Wind des violetten
Kirschbaums herübergetragen. </span></span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Seltsam, die Leute in diesem Park wirken so
friedlich, so versunken im Moment. Was für ein Kontrast zu Ginnys
Worten. </span></span><br />
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://2.bp.blogspot.com/-E80go9VJVcY/UaEguSDl5aI/AAAAAAAAAHE/tN7npkiOh-4/s1600/gitarre.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" src="http://2.bp.blogspot.com/-E80go9VJVcY/UaEguSDl5aI/AAAAAAAAAHE/tN7npkiOh-4/s1600/gitarre.jpg" height="116" width="320" /></a></div>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;"></span></span><br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
</div>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">"Rastlosigkeit.” Ich schaue mich auf der Wiese um. Der meditierende
Savinda atmet laut und tief. Selbst Oscar sieht aus wie ein kleiner
Junge, der sich voller Hingabe seinem Spielzeug widmet. Der Park wirkt
so wenig rastlos. Hält Berlin im Frühling für ein paar Momente still?
Oder denken doch alle gerade an all die tausend Dinge, die sie gerade
tun müssten? </span></span><br />
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">"Ich frage mich, wer das alles bestimmt.” Ich schaue Ginny an, die
an ihren schwarz lackierten Fingernägeln knibbelt. "Meine Unitexte, die
Leute die wir treffen, deine Demos... wieso machen wir das alles
ständig... und setzen uns nicht einfach hin und... und meditieren, so
wie Savinda?”</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">"Meditieren”, brummt Ginny verächtlich und wirft dem
laut atmendem Yogi einen leicht abschätzigen Blick zu. "Was soll das
denn bringen, wenn ich anfange zu meditieren? Für wen tue ich das denn?
Doch nur für mich selbst. Zu Demos gehe ich ja, um was zu verändern.
Deshalb ließt du doch auch deine Texte, oder?” Sie mustert mich scharf.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">"Äh, jaa...” Ich bin mir zwar nicht ganz sicher, aber unter Ginnys
kritischem Blick scheint es mir ratsamer zu sein, zustimmend zu nicken.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">"Um was gesellschaftlich zu verändern, stimmt's? Deshalb studiert man
ja wohl so was wie Philosophie oder Politik. Um die gesellschaftlichen
Verhältnisse zu verstehen und sie dann zu revolutionieren!” </span></span><br />
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">"Ähm, jaah. Wahrscheinlich...”</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">"Ja siehst du. Es gibt schon einen Grund dafür, dass ich so rastlos
bin. Deshalb bin ich ja nach Berlin gekommen. Weil man hier etwas
verändern kann. Es gibt einfach so viel zu tun!” Ginnys Stimme bekommt
wieder einen leicht verzweifelten Tonfall. "Aber manchmal ist es
irgendwie einfach zu viel. Wäre doch schön, wenn ab und zu mal die Zeit
stehen bleiben würde.” </span></span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Sie blickt noch mal zu den trommelnden Hippies
herüber und sieht dabei fast so aus, als würde sie die fremden Menschen
ein bisschen beneiden. Dafür vielleicht, dass sie nichts anderes tun als
dazusitzen und zu trommeln.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">In dem Moment stößt Oscar überraschenderweise ein genervtes
Schnauben aus. Mit ungeduldigem Blick schaut er von seinem I-Phone auf
und blickt Ginny fest in die Augen. "Ich sage dir jetzt mal etwas, das
dich wahrscheinlich ziemlich umhauen wird und das du gar nicht gerne
hörst. Ich sag es aber trotzdem, ja?”</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">"Was denn?”, fragt Ginny misstrauisch.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">"Du kannst die Welt nicht retten.”</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">"Was?”</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">"Du wirst die Welt nicht retten.”</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">"Was soll das denn heißen?”</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">"Das soll heißen, dass egal, was du machst, die Welt grundlegend so
bleiben wird, wie sie ist. Ganz egal was du tust. Verstehst du? Du
kannst zu dreimilliarden Demos gehen und jede Minute deines Lebens für
irgendwelche Weltprobleme aufopfern. Es wird immernoch Armut geben und
Kriege und Leid. So ist die Welt nun mal.”</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Ginny starrt ihn wortlos an. Ihr scheint selbst nicht ganz klar zu
sein wie sie auf das, was Oscar sagt, reagieren soll. Sie wirkt fast ein
bisschen fassungslos, was bei Ginny eigentlich selten vorkommt. </span></span><br />
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">"Die Welt nicht retten”, murmelt sie leise vor sich hin, mehr zu sich
selbst als zu uns. "Das ist doch Quatsch.” </span></span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Sie schüttelt ungläubig den
Kopf, ihre Rasterlocke fliegt hin und her. "Ich meine, das ist doch
klar. Aber man kann doch kleine Dinge in der Welt verändern!”</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Oscar
zuckt gleichgültig die Schultern und greift wieder zu seinem I-Phone.
"Vielleicht sorgst du ja irgendwann in deinem Leben mal dafür, dass ein
paar Kinder weniger verhungern oder irgendwo die armen Näherinnen zwei
Dollar mehr verdienen. Dafür ermodert dann irgendein Irrer wieder ein
paar tausend Menschen, irgendwo gibt es eine Naturkatastrophe die ein
paar Millionen in die Armut stürzt und bei einem Terroranschlag bricht
die halbe Welt zusammen... es gibt immer Schlechtes und das wird sich
auch nicht ändern. Wenn du dich damit mal abfinden würdest, dann
könntest du auch endlich mal aufhören von einer Demo zur anderen zu
hetzen und dein Leben danach zu richten, was du tun solltest. Dann
könntest du auch mal bisschen dein Leben genießen, so wie ich, oder
wenigstens meditieren so wie Savinda.” </span></span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Er grinst und betrachtet den
meditierenden Mann neben sich mit einem sarkastischen Blick, den Savinda
natürlich nicht bemerkt weil er noch immer die Augen geschlossen hat.</span></span><br />
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://1.bp.blogspot.com/-GVTAU8DwmXY/UaEjRsKPsVI/AAAAAAAAAHY/oN9KL6zfWyE/s1600/kirschbaum.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" src="http://1.bp.blogspot.com/-GVTAU8DwmXY/UaEjRsKPsVI/AAAAAAAAAHY/oN9KL6zfWyE/s1600/kirschbaum.jpg" height="67" width="400" /></a></div>
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Ginny schüttelt den Kopf. "Das stimmt doch nicht. Das stimmt
einfach nicht. Man kann sein Leben nicht einfach egoistisch vor sich hin
leben! So soll denn da der Sinn sein? Selbst Savinda mit seiner
Meditation muss doch irgendwas anderes damit bezwecken als nur sich
selbst zu befriedigen.” </span></span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Sie klingt schon wieder verzweifelt und zieht
leicht an Savindas orangenen Umhang. "Mann, sag du doch auch mal was. Du
hast doch sonst immer die ganzen Weisheiten.” In ihrer Stimme liegt
fast etwas Flehendes. "Es macht ja wohl einen Unterschied, was man als
Einzelner tut oder?”</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Savinda fährt aus seiner Yogihaltung hoch und reibt sich einen
Moment lang verwirrt über die Augen. Dann lächelt er Ginny strahlend zu.
</span></span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">"Ginny.” Er legt ihr die Hand auf die Schulter und schaut ihr tief in die Augen. "Alles ist Bewusstsein.”</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Oscar hängt schon wieder über seinem I-Phone und Ginny seufzt laut. "Kannst du nicht einmal einfach meine Frage beantworten?”</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">"Da gibt es eben nicht viel zu sagen”, brummt Oscar triumphierend ohne aufzusehen. "Ich hab doch Recht.”</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">"Ja und nein”, sagt Savinda und wiegt den Oberkörper dabei von einer
Seite zur anderen. </span></span><br />
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Er schaut sich um und sieht wohl zum ersten Mal die
Hippies vor uns, die noch immer trommeln, das Pärchen mit dem Eis, der
Typ mit den Tatoos der jetzt an einem Bier nippt. All die Menschen im
Park, die den Berliner Frühling zelebrieren. Savinda lächelt,
anscheinend gefällt ihm die Szene. "Alles ist eins”, sagt Savinda mit
leiser Stimme die klingt wie ein Pendel, das langsam hin und her
schwingt. "Das, was du Gut nennst und das, was du Böse nennst. Alles
gehört zusammen. Alles ist Bewussstsein.”</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">"Ja klar”, schnaubt Ginny. "Also den Baum hier”, sie deutet auf den
blühenden Kirschbaum. "Den gibt's eigentlich gar nicht, ja? Das ist
alles nur in meinem Kopf oder was? Und die sterbenden Kinder in Afrika
und die armen Bauern in Süd Amerika, den kann man am besten auch einfach
sagen dass ihr ganzes Leid ja nur Bewusstsein”, sie spuckt das Wort aus
wie ein besonders obzönes Schmipfwort, "also alles nur in ihrem Kopf
stattfindet, ja? Na toll.”</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Savinda hat noch immer sein mildes Lächeln auf den Lippen, das er sowieso nur selten ablegt.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Als er nicht antwortet, mischt sich stattdessen wieder Oscar ein: "Es
ist doch sowieso vollkommen egal, was du den armen Kindern erzählst, du
kannst ihnen doch überhaupt nicht richtig helfen. Höchstens vielleicht
ein paar ganz wenigen von Milliarden! Was macht das denn für einen
Unterschied? Und dafür lebst du dein ganzes Leben lang nur gestresst.”</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Savinda wiegt den Kopf hin und her. </span></span><br />
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">"Alles ist Bewusstsein”, sagt Savinda noch einmal. Er legt seine
zweite Hand auf Oscars Knie (der wackelt unwohl mit dem Bein, er mag zu
nahen Körperkontakt mit Männer nicht besonders) und lächelt mir zu, als
wollte er mich mit seinen Augen berühren. "Wenn alles Bewusstsein ist,
dann gibt es auch keine Vergangenheit und keine Zukunft. Nur den
bewussten Moment. Dann ist der Unterschied, den du machst, ob du das,
was du tust, bewusst tust.” Er legt so erfreut die Hände aufeinander,
als wären nun alle Fragen geklärt. </span></span><br />
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Tatsächlich schließt er dann wieder die Augen und widmet sich
seiner Meditation. </span></span><br />
<br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Oscar stößt einen Seufzer aus und streichelt sein
Handy. Ginny blickt in die Sonne und ich rupfe noch etwas Gras aus dem
Boden. Die Hippies trommeln noch immer. Sie haben die Augen geschlossen
und wirken so, als wären sie völlig versunken in der Musik. Der
Tatoomann mit der Bierflasche hat sich in der Sonne ausgestreckt und
strahlt eine eigenartige Gelassenheit aus. Das Pärchen auf der Bank
blättert versunken in einer Zeitung. </span></span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Ist es das, was Savinda meint wenn
er davon redet, etwas bewusst zu tun? Ich muss daran denken, wie Leute
normalerweise durch die Straßen hetzen, bei rot über die Ampeln rennen,
Fahrrädern aus dem Weg springen, sich gegenseitig beschimpfen. </span></span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><span style="font-size: small;">Machen
diese Menschen mit ihrer Ruhe und der Art, wie sie im Moment leben,
irgendeinen Unterschied?</span></span>Anonymoushttp://www.blogger.com/profile/13287094357124248293noreply@blogger.com1tag:blogger.com,1999:blog-2634417027219653795.post-84760980685936850922013-05-24T07:19:00.002-07:002013-07-12T05:58:40.025-07:00Gedanken Ulli: Freiheit aushalten! Und was tun?<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">'Was soll ich tun? "Everything goes", heißt es in der Postmoderne.
Wir leben in einer "Multioptionsgesellschaft", sagt der Intellektuelle. Unsere neue Bürde des
Seins. Ein Luxusproblem? Wahrscheinlich. Kreativ sein muss man auf jeden
Fall. Sich selbst erfinden. "Werde, was du bist.", das fand schließlich
schon Nietzsche. Und was bin ich? Muss ich dafür erst auf den
Grund des Seins dringen? "Da steh ich nun, ich armer Tor und bin so klug
als wie zuvor.", findet Faust. Warum fallen mir eigentlich die ganze
Zeit so blöde Zitate ein? Bin ich das, was die anderen von mir denken?
Oder das, was ich selbst von mir denke? Vielleicht sollte ich mal
schnell ein Bild von mir auf Facebook posten um meine Identität
festzuhalten. Oder gar einen Blog-Text. Klingt irgendwie oberflächlich.</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Heutzutage gilt der Imperativ der Offenheit. Es gibt immer
jemanden, der die Welt fundamental anders versteht. Es gibt immer einen
anderen Ort, an dem man gerade sein könnte. Es gibt immer andere Dinge,
die man tun könnte.</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Ich kann mich auch einfach entscheiden und mich
in eine feste Struktur begeben, anstatt jedes Mal alles zu
hinterfragen. Wäre weniger anstrengend, oder? Mein Leben durchplanen bis
zum Ende und über das Ende am besten nicht so genau nachdenken.
Angebote gibt es ja genug. Und alle wissen, wies geht. Was man darf und
was man nicht darf. Was man unbedingt tun sollte und was man lassen
sollte. Wohin man zu streben hat und was man zu vermeiden hat. Da muss
ich doch nur Milton Friedman oder auch Rudolf Steiner lesen. Dann gehe
ich in meine sichere Wohnung und mache die Tür zu, nicht das noch ein
Schwall von den anderen absoluten Wahrheiten hereinsickert.</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Unbefriedigend? Aber besser, als depressiv werden, oder? Oder einfach:</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><img alt="" height="188" src="http://www.egm-theater.de/sites/default/files/images/image0.preview.jpg" width="320" /></span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Ich bin durchaus privilegiert. Ich kann nämlich fast alles tun. Der
Steuerzahler und meine Herkunft aus der bildungsbürgerlichen
Mittelschicht haben mir schließlich mein Studium ermöglicht. Geld zum
Reisen ist auch da. Ein Visum kriege ich, im Gegenteil zum Großteil des
Rests der Welt für jedes Land. Sollte es dort zu Unruhen kommen, wird
mich die Deutsche Botschaft schon rechtzeitig nach Hause bringen, weg
von dem ganzen Tumult.</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Habe ich dadurch eine Pflicht? Soll ich so
und so viel Prozent meines Einkommens spenden, wie Peter Singer das tut
und vorsieht, weil sich das einwandfrei philosophisch-logisch ableiten
lässt? Oder ist das alles nur diskursiv konstruiert? Ich bin schließlich
frei. Ist Geld also die Lösung oder sollte ich doch lieber gegens
System und den Kapitalismus kämpfen? Vielleicht eine neue Theorie
aufstellen, wie sich dieser nachhaltig beseitigen lässt? Irgendwie
passiert dann ja manchmal doch ganz unerwartet etwas. Eine Revolution
z.B. oder zumindest der Atomausstieg (und dann der Ausstieg aus dem
Ausstieg). Aber ist das dann besser als vorher?</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><img alt="" height="190" src="http://www.mario4you.net/aufkleber/media/images/ausfahrt-freihalten-schild-large.jpg" width="320" /></span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Soll ich mich also praktisch politisch engagieren? Dann kämpfe ich
mit Ginny auf der Straße für die Gleichstellung der Frauen, Veganismus
und gegen den Klimawandel. Nur warum genau dafür und nicht für die
ganzen anderen Sachen? Vielleicht sollte ich mich erstmal um die
Welthungerhilfe für Afrika kümmern.</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Oder sind die armen Kinder in
Afrika vielleicht gar nicht so arm, sondern nur anders und brauchen
meine Wertevorstellung und meine "Entwicklungshilfe" gar nicht? </span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Vielleicht sollte ich erstmal vor der eigenen Haustür kehren. Oder vor
der meines Landes, denn die Mechanismen, anderen Ländern die eigenen
materiellen Mittel zu entziehen, sind irgendwie doch real. Z.B.
Zollbeschränkungen und Agrarsubventionen. Geht es also vornehmlich um
materielle Mittel? Vielleicht nicht nur, aber doch auch. </span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Und dann
gibt es noch so etwas wie die deutschen Leopard-Panzer in Saudi-Arabien,
die nach Bahrain einrollen um Demonstrationen niederzuschlagen. Was
tun? Noch ein paar hundert Leoparden und Boxer hinterherschicken. Und
dann noch ein paar nach Indonesien.</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Aber wo war jetzt nochmal der gemeinsame Feind? Den braucht man
schließlich für die Revolution. Aber Feindbilder formen kommt mir
irgendwie fragwürdig vor. Der Jude wars offensichtlich nicht, Kommunist
oder Kapitalist sind ja irgendwie auch aus der Mode gekommen und 'das
System' ist mir zu abstrakt. Vielleicht ist es dann doch der Chef von
allem. Gibts den? Obama wars nicht, Merkel auch nicht und Josef
Ackermann schafft ja auch nicht alles alleine. Nochmal gründlich
Sozialwissenschaften studieren und 'das System' etwas entwirren, also.</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Oder vielleicht ist es doch eher das Bewusstsein und ich sollte
lieber bei mir selbst anfangen. Vielleicht sollte ich meditieren. Muss
ich dafür nach Indien oder geht das auch so? Und bringt das dann nur was
für mich oder auch für andere? Ich glaube, da muss ich nochmal Savinda
fragen, aber für den ist ja sowieso 'alles eins', soweit ich mich
erinnere. Vielleicht hat er ja sogar Recht und diese Erfahrung muss
erstmal gemacht werden. Vielleicht muss sich ja gar nichts ändern und
ich sollte einfach die Schönheit des Lebens noch mehr genießen. Es ist
schon so viel da. Mal wieder mit Freunden feiern gehen oder raus in die
Natur. Mache ich ja auch schon und das ist wirklich nicht schlecht!
Wieso eigentlich immer mehr wollen? Und wieso unterstelle ich die ganze
Zeit, dass irgendetwas schlecht ist? Fernseher ausschalten, Zeitung
abbestellen.</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Aber sehen das die ca. 100 Millionen Menschen, die unter der
absoluten Armutsgrenze leben, auch so? Ich habe mal gehört, dass einige
von ihnen glücklicher sind, als die Menschen in Mitteleuropa. Ob das
wohl stimmt? Gibt auf jeden Fall zu denken. Es ist nicht zu bestreiten,
dass es hier viele unglückliche Menschen gibt. Aber das kann keine
Entschuldigung sein. Geld macht ja bekanntlich nicht glücklich, aber
Essen schadet schließlich auch nicht.</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Wieso denke ich eigentlich die ganze Zeit über andere nach, ich
wollte doch über mich selbst nachdenken. Unverbesserlicher
Weltverbesserer? Mag sein. Vielleicht ist das ja auch nicht schlecht?
Würde ich also trotz oder gar durch Meditation noch ein bisschen was für
den guten Zweck machen, welcher es denn auch immer sei? Oder einfach
alles annehmen, wie es ist? Vielleicht würde ich konsequenter in der
Mülltrennung, kaufe mir nie ein Auto und verwende all mein Geld auf
Bioprodukte oder gehe Containern, auch wenn das nicht die Welt für alle
rettet. Oder ich frage mal Verwandte, gute Freunde oder sogar den
Unbekannten auf der Straße, wie es ihnen wirklich geht. Und höre einfach
nur zu. Auch nach dem "Mir geht's gut und dir?", "Auch gut.".</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">"Ein kleiner Schritt für einen einzelnen...". Ist das dann auch ein kleiner Schritt für die Menschheit?</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Die perfekte Lösung scheint mir das alles nicht zu sein. Trotzdem habe
ich irgendwie das Gefühl, man sollte nicht 'gar nichts' tun. (Geht das
überhaupt?)</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Vielleicht sollten da noch andere Leute etwas mehr
drüber nachdenken. Vielleicht haben die bessere Ideen als ich. Ich
glaube, das braucht der Planet bei Problemen, die den Einzelnen bei
weitem übersteigen. Nur haben die meisten Leute weder Zeit noch Nerven,
über so etwas nachzudenken. Kann man ja auch verstehen, bei den ganzen
Anforderungen, die das Leben sowieso schon an uns stellt. Alltag,
Familie, Leistungszertifikate, der 10-Stunden-Tag am Arbeitsplatz,
Erwartungen der Mitmenschen über gesellschaftskonformes Verhalten...</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Aber wenn wir es schaffen, die Freiheit auszuhalten, die wir
eigentlich doch haben, haben wir zumindest die Chance über so etwas
nachzudenken. Vielleicht können wir sogar noch mehr Freiheit schaffen.
Auch für andere. Wodurch? Hmmm,... da gibt's ein paar Sachen zur
Auswahl: Existenzsicherung, Bildung, Respekt, Liebe (letzteres klingt
wohl zu kitschig...). Also doch lieber ein Handfestes Konzept? Da muss
ich wieder ans Grundeinkommen denken... Naja, da kann ich wann anders
nochmal in Ruhe drüber nachdenken.'</span>Anonymoushttp://www.blogger.com/profile/13287094357124248293noreply@blogger.com1tag:blogger.com,1999:blog-2634417027219653795.post-16030342767579516522013-05-24T07:17:00.003-07:002013-05-24T12:11:27.702-07:00Streifzug Ulli: Studienberatung Teil I: Optimierung der persönlichen Arbeitsprozesse<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">„Der Grund, weshalb ich Sie hergebeten habe, ist die Änderung der
Rahmenstudienprüfungsordnung.“, erklärt der junge Mann auf der anderen
Seite des Tisches gewichtig.</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Ich schauen mich im kleinen Büro des 60er-Jahre-Baus um. Wieso haben
die eigentlich so wenig Licht in ihren Büros? Vielleicht wäre Herr
Engelsbach etwas entspannter, wenn ich das Rollo mal richtig öffnen
würde? Vielleicht sollte er auch einfach mal diesen engen Hemdknopf an
seinem Hals öffnen. </span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Während ich noch überlege, ihn darauf anzusprechen, fährt er fort:</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">„Der Akademische Senat hat dem aktuellen Berliner Hochschulgesetz
entsprechend eine neue Rahmenstudienprüfungsordnung für alle Bachelor-
und Masterstudiengänge erlassen. Langzeitstudenten können somit sofortig
exmatrikuliert werden. Das wissen Sie doch, oder?“</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">„Ähm... ich bin bezüglich der Studien-Bachelor...äh...Bachelor-Ordnungsstudien nicht so ganz informiert.“</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">„Also hören Sie mal, haben Sie denn nichts von diesem ganzen Tumult überall mitbekommen?“</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Ich denke zurück und erinnere mich dunkel daran, wie ich nicht in
meine Vorlesung gehen konnte, weil das Gebäude von Polizisten abgesperrt
war und davor zahlreiche Studenten mit Musik und Megafon auf und ab
liefen. Als ich einen freundlichen Kommilitonen mit langen verfilzten
Haaren, roter Fahne und einem Stapel Flyer in der Hand fragte, was hier
passiere, erklärte er mir: „Neue RPSO, das kommt alles von den
Lohnarbeits-Abhängigkeitsverhältnissen und vom Kapital.“ Ich war mir
nicht ganz sicher, wie er das genau meinte, aber als ich nochmal
nachfragte, wurde er ungeduldig und drückte mir nur seinen Flyer in die
Hand, auf dem stand: <i>„Wir brauchen eine kommunistische Revolution, alles andere ist in letzter Instanz Bullshit.“</i> Verstanden habe ich das nicht so ganz, aber es kam mir ein bisschen merkwürdig vor.</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Mit zutiefst besorgtem Blick spricht nun Herr Engelsbach weiter:</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">„Sie haben die Regelstudienzeit von sechs Semestern bei weitem
überschritten. Ich muss Sie nicht darauf hinweisen, dass dies ein
schwerwiegendes Problem darstellt. Meine Aufgabe ist es nun, über Ihre
Situation zu entscheiden. Bitte fassen Sie deshalb in wenigen Worten
zusammen, was Sie sich von Ihrem Studium versprechen.“</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">„Hmm...Ich will einen möglichst breiten Überblick über verschiedene
Weisen, die Welt zu begreifen und zu beurteilen, gewinnen. Außerdem
möchte ich mich tiefer mit Fragestellungen des menschlichen Seins
auseinandersetzen um herauszufinden, welchen weiteren Weg ich selbst
gehen möchte.“</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Herr Engelsbach seufzt. „Jaja, das alte Humboldtsche Bildungsideal, angereichert mit einem
Schuss Esoterik. Selbstentfaltung durch Bildung, Hervorbringung
autonomer und kritischer Individuen und so fort... Heute sind wir an
dieser Stelle aber ein Stück weiter oder sagen wir, zumindest ein Stück
schneller. Zeiten ändern sich.“ Er lächelt auf einmal erfreut.</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">„Sie müssen mit Ihren Bildungskompetenzen auf dem globalen Markt
wettbewerbsfähig bleiben und Ihre Ambitionen frühzeitig in feste
strukturelle Konzepte fassen. Bildung ist eine wichtige Ressource des
kulturellen Kapitals und gehört unmittelbar in die richtigen Bahnen
gelenkt. Darum möchte ich Ihnen helfen, einige allgemeinverbindliche
wesentliche Basiskompetenzen zu entwickeln, damit auch Sie eine Chance
auf dem internationalen Berufsmarkt erhalten können.</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Sind Sie damit einverstanden?“</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">„Werde ich sonst exmatrikuliert?“</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">„Mit sofortiger Wirkung.“</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">„Na dann...also schon.“</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">„Sehr schön, dass Sie sich kooperationsbereit zeigen.</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Zur Sache: In unser Internetplattform Campus Management haben Sie
fast keinen einzigen relevanten Leistungsnachweis erbracht. Sie haben
z.B. keinerlei Kurs aus dem Teilmodul 'Fachsprachliche Kompetenz'
belegt. Wie ist das als Bachelorstudent der C-Studien- und
Prüfungsordnung des 90 Leistungspunktemoduls möglich?“</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">„Also, Fachsprache war bisher nicht so sehr mein Schwerpunkt, es ging mir eher um Inhalte...“</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">„Wie die Kommunikationswissenschaften lehren sind fachsprachliche
Kompetenzen die Basis jeglicher wissenschaftlicher individual- und
sozialkommunikativer Handlungen.“</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Herr Engelsbach sitzt nun Kerzengerade auf seinem Stuhl und strafft sein Jackett.</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">„Ähm..sicherlich.“</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">„Genau! Was haben Sie denn eigentlich dort in der Hand? Papierscheine?
Das sind ja Praktiken aus dem letzten Jahrhundert. Es kann schon sein,
dass dies in Ihrem Fachbereich möglich ist, aber Sie wissen schon, dass
es essentiell für den Erwerb von Modulprüfungsleistungsnachweisen ist,
sich online im Campus Management anzumelden?“</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">„Das funktioniert bei vielen Kursen halt nicht.“</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">„Sehr richtig. Das ist unser Regulativ um ein zielorientierteres Studium
zu ermöglichen und die Zahl der überflüssig belegten
Lehrveranstaltungen zu minimieren. Dennoch, jetzt zeigen Sie diese
Papierscheine bitte mal her.“</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Während er durch den großen Papierhaufen blättert, ließt er stirnrunzelnd einige ausgewählte Seminartitel vor: <i>„'Kosmologien', 'Kapitalismus als kulturelle Praxis', 'Erfahrung als Selbst'</i>.“</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Ich beobachte, wie sich die Falten auf seiner Stirn immer enger zusammenziehen, als er fortfährt:</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">„<i>'Transzendentalphilosophie', 'Sein und Zeit', 'Was ist Wahrheit? Was können wir wissen?'</i>, (Herr Engelsbach hustet plötzlich kräftig.) <i>'Die diskursive Konstruktion der Wirklichkeit', 'Die Welt als Wille und Vorstellung', 'Idealismus und Außenwelt-Skeptizismus'</i>...“</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">„Also, wissen Sie, das ist ja alles schön und gut und ich kenne mich
auch in Ihrem Arbeitsbereich nicht aus, aber vielleicht sollten Sie an
Ihrer Zielorientiertheit und Ihrem Zeitmanagement arbeiten. Die Welt ist
eben doch nicht nur Wille und Vorstellung, das wissen wir dann schon.
Außerdem sollte man sein Sein auch in der Zeit organisieren können,
sonst holt einen die Wirklichkeit schnell ein.“</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Die Frau am Schreibtisch auf der anderen Seite des Raumes schlürft
geräuschvoll ihrer dritte Teetasse. Sie sieht irgendwie entspannter aus
als mein Sachbearbeiter, wenn auch ein bisschen in sich
zusammengesunken. Vielleicht könnte ich sie mal fragen, ob sie Herrn
Engelsbach nicht auch eine Tasse Tee anbieten möchte, das wäre sicher
auch gut gegen seinen Husten und würde die Falten auf seiner Stirn
entspannen. Sie ist aber gerade intensiv damit beschäftigt, bei Facebook
unter sämtliche Robbie Williams-Alben auf den Like-Daumen zu klicken.</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Während ich noch versuche, die Aufmerksamkeit seiner Mitarbeiterin
zu gewinnen, vertieft er sich kopfschüttelnd in mein studentisches
Profil in seinem Computer. Seine Stimme wird ernst, als er fortfährt:
„Gut. Ich werde mir jetzt trotz des beschäftigten Betriebs hier
ausgiebig Zeit für Sie nehmen, weil ich das Gefühl habe, in Ihnen ein
fehlgeleitetes Potential vorzufinden. Sie sind schon 23. Sie müssen Ihr
Abitur sehr spät gemacht haben und mit dem Studium scheinen Sie auch
erst mit großer Verzögerung begonnen zu haben. Und darüber hinaus liegt
bei Ihnen noch ein Fachwechsel vor. Das kann zu unschönen Lücken in
Ihrem Lebenslauf führen.“</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Die Frau gießt sich die vierte Teetasse ein.</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">„Strukturieren wir also unser Vorgehen. Ihr Problem scheint
schließlich nicht zu sein, dass Sie zu wenige Kurse belegen“, erklärt er
mit einem skeptischen Seitenblick zum aufgetürmten Stapel der
Papierscheine, „sondern die Priorisierung in der Auswahl. Es fehlen
Ihnen sämtliche Kurse aus dem 30-LP-Modul ABV. Vielleicht sollten wir
dort ansetzen.“</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Auf meinen fragenden Blick hin kommt er erneut ins Kopfschütteln.</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">„Sie wissen nicht einmal, was das ist, oder? Haben Sie die neue Prüfungsordnung denn gar nicht gelesen? Das ist Ihre <i>'Allgemeine Berufsvorbereitung'</i>.
Wir müssen Sie nun zügig auf den Arbeitsmarkt vorbereiten. Ich kann
Ihnen dabei einige sicherlich hilfreiche Empfehlungen nahelegen, wenn
Sie mit mir zusammen einen Blick in das Vorlesungsverzeichnis werfen
möchten.“</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Seine Mine hellt sich plötzlich auf und er streicht sich seinen Anzug
glatt. Ich freue mich mit ihm, weil sich die Falten auf seiner Stirn
wieder etwas glätten.</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">„Schauen Sie mal, dies scheint mir besonders geeignet für Ihren
konkreten Fall: 'Optimierung der persönlichen Arbeitsprozesse'. Zur
Beschreibung: 'Qualifikationsziel des Seminars ist es, Ihnen die für Ihr
effizientes berufliches Handeln erforderlichen Lern- und
Arbeitstechniken, insbesondere der gängigen quantitativen Methoden des
Selbst- und Zeitmanagements, sowie Techniken der Ziel- und
Prioritätensetzung zu vermitteln.'“</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Herr Engelsbach wirft mir einen erfreuten Blick zu. „Zusätzlich empfehle ich Ihnen noch eines der folgenden Seminare:<i> 'Jobtalk', 'Assessmentcenter', 'Selbstmarketing im Beruf'</i> oder <i>'Business Knigge'</i>. Was halten Sie davon?“</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">„Naja, ich hatte mal Knigge in meinem Tanzkurs, aber da kam ich zu spät
und habe mich dann nicht mit der richtigen Formel entschuldigt, was dann
zu einem Problem wurde...“</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">„Es geht hier um Ihr Berufsleben! Konzentrieren Sie sich bitte.“ Herr
Engelsbach sieht nun sichtlich erzürnt aus und alle Falten kehren auf
einen Schlag zurück.</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">„Ich denke, in Ihrem Fall sollen wir ein bisschen grundlegender
ausholen. Dies hier ist ein außeruniversitäres Zusatzangebot, das ich
Ihnen dringlich ans Herz legen möchte.“</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Er reicht mir einen orangen Prospekt über den Tisch: Der lächelnde Mann
mit der Krawatte und dem Aktenordner, der darauf abgebildet ist, lehnt
lässig an einer Wand. Über Ihm thront der Titel der Broschüre, darunter
befindet sich eine nähere Beschreibung:</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
<div class="center" style="text-align: center;">
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<div style="text-align: center;">
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span></div>
<div style="text-align: center;">
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><i>„Eine großartige Sache. Wie man einen Roman in 57 Minuten lesen und den Inhalt behalten kann.“ (Günter Jauch) </i></span></div>
<div style="text-align: center;">
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span></div>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><img alt="" src="http://www.studium-ratgeber.de/uploads/images/studium/studium-tipps/schneller-lesen.jpg" title="" /></span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Ich schlucke. „Also, eigentlich geht es mir ja nicht nur um Geschwindigkeit...“</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">und zucke gleich darauf zusammen, als sich Seine Mine wieder verdüstert.
„Aber ich werde Ihr freundliches Angebot sicherlich in Betracht ziehen.
Und, wenn ich jetzt einen der besagten Kurse aus dem Modul Allgemeine
Berufsvorbereitung belege, würden Sie mir dann vielleicht diesen Antrag
auf Studienverlängerung unterschreiben?“</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Herr Engelsbachs Hand zerknautscht nun energisch die ordentlich
gebügelte Krawatte. „Ich würde Ihrem Sinn für Planungseffizienz
selbstverständlich gerne Glauben schenken, aber das scheint mir
problematisch. Ich möchte Ihnen eine nachdrückliche Empfehlung geben.
Ich weiß, dass die psychologische Zwangsberatung bei Langzeitstudenten
aufgrund von Studentenprotesten vorläufig nicht Teil der neuen
Rahmenstudienprüfungsordnung geworden ist. Dennoch lege ich es Ihnen
nahe, Peter Luckmeier zu konsultieren. Er ist der Leiter unserer
psychologischen Beratungsabteilung und ein kompetenter Neuropsychologe
und Verhaltenstherapeut. Er wird ihre Leistungsmotivationsbereitschaft
mit einem Persönlichkeitstest der Prüfung unterziehen. Dadurch besitzt
er die nötigen Mittel, Ihre persönliche Leistungsverfassung objektiver
zu bewerten, als wir beide es sind. Wenn die Testergebnisse vorliegen,
erwarte ich Sie erneut in der Sprechstunde. Ich werde Peter direkt
kontaktieren.“</span><br />
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "Trebuchet MS",sans-serif;">Als er schwungvoll den Telefonhörer hochhebt bedanke ich mich eilig
und verlasse zügigen Schrittes den Raum. Draußen atme ich einmal tief
durch.
</span>Anonymoushttp://www.blogger.com/profile/13287094357124248293noreply@blogger.com2tag:blogger.com,1999:blog-2634417027219653795.post-27712054999414633652013-05-24T07:16:00.001-07:002013-05-24T10:18:47.201-07:00Streifzug Ulli: Die MotzEs ist stickig in der Bahn. Ich habe doch noch einen Sitzplatz
zwischen einer beleibten wasserstoffblonden Frau um die 40 samt ihrer
zahlreichen Einkaufstüten und einer älteren Dame gefunden. Das Berliner
Fenster, der Bildschirm im Abteil, verkündet die neusten
Bildzeitungsnews und flackert dabei alle paar Sekunden hellblau auf.
Trotzdem schaffe ich es, sie zu lesen: "Mila Kunis ist die heißeste Frau
der Welt", "Die ersten Siedler in Amerika waren Menschenfresser" und
"Gwyneth Paltrow empfiehlt: Blow-Job statt Ehe-Zoff". Trotzdem hat sich
anscheinend "Mario Balotelli von seiner Modell-Freundin getrennt".<br />
<br />
<img alt="" height="256" src="http://de.academic.ru/pictures/dewiki/85/U-Bahn_Berlin_underground_television_Berliner_Fenster_2.jpg" width="194" /><br />
<br />
Die beiden gegenüberliegenden Sitzreihen sind voll mit Menschen, so
als hätten sie sich zusammengesetzt um ein gemeinsames Gespräch zu
führen. Haben sie aber nicht. Sie nehmen die Nähe nur in Kauf, um bald
möglichst wieder an ihrem Ziel aussteigen zu können. Die meisten von
ihnen sind intensiv mit ihrem E-Book-Reader oder ihrem Smartphone
beschäftigt. Einige haben Kopfhörer im Ohr. So richtig scheint niemand
die ihn umgebenden Menschen wahrzunehmen, nur ein junger Mann liest
verstohlen das Buch seiner Sitznachbarin mit, dabei hat diese extra
einen undurchsichtigen Umschlag um den Einband gelegt, der es verbietet,
den Titel zu erkennen. In der Ecke sitzt ein Mädchen mit leuchtend
gefärbten Haaren, zerrissener Strumpfhose und Lederjacke. Der Boxer an
ihrer Hundeleine schnüffelt dem Mann im Anzug mit Krawatte neben ihr
unablässig an der Hose, was sie nicht weiter zu stören scheint. Den Mann
allerdings schon, aber nachdem er daran gescheitert ist, einen Ort für
sein Bein ausfindig zu machen, den der Hund nicht erreichen kann, ergibt
er sich in sein Schicksal.<br />
<br />
<br />
<br />
<img alt="" height="242" src="http://www.einfach-motzen.de/wp-content/uploads/bvg_berlin_u-bahn1.jpg" width="322" /><br />
<br />
Quietschend fährt die U-Bahn in die Bülowstraße ein. Viele Leute
steigen aus und einige ein. Unter ihnen ein älterer Mann. Er bewegt sich
langsam und steif und umklammert in der einen Hand einen zerknitterten
Kaffeebecher und in der anderen einen Stapel von Zeitungen. Wie immer,
wenn ein Obdachloser die U-Bahn betritt, werde ich leicht nervös. Mit
monotoner Stimme kämpft er gegen den Lärm der anfahrenden U-Bahn und
trägt seinen vorbereiteten Spruch vor: "Mein Name ist Markus, ich lebe
seit fünf Jahren auf der Straße und verkaufe die Motz. Die Motz ist das
Berliner Straßen-Magazin und kostet 1,20 Euro. Ich würde mich sehr
freuen, wenn Sie mir ein Exemplar abkaufen würden oder eine Spende für
die Nachtunterkunft für mich hätten. Ich wünsche Ihnen noch eine
angenehme Weiterfahrt."<br />
<br />
Die Gesichter der Menschen verschließen sich. Wer kann, beugt sich
noch tiefer über sein Smartphone. Meine füllige Sitznachbarin unter
ihren Einkaufstüten entschließt sich, den Sprecher zu übertönen und
beginnt eine angeregte Unterhaltung mit ihrer Freundin über die neuen
Haarspangen von Bijou Brigitte. Alle anderen hüllen sich in Schweigen.
'Bemerken sie den Mann nicht oder wollen sie ihn nicht bemerken?', frage
ich mich. Auch ich blicke zu Boden. Markus scheint keine Reaktion zu
erwarten und beginnt sich langsam durch das Zugabteil zu schieben. Ich
schaue hoch. Er ist ausgerechnet vor mir stehen geblieben und schaut mir
direkt in die Augen. Der Moment zieht sich in die Länge. Ich halte den
Atem an. Gedanken schießen mir durch den Kopf.<br />
<br />
'Warum schaut er gerade mich so an? Kann ich etwas dafür, dass er
hier steht? Daran bin ich doch nicht schuld. Ich könnte ihm ja etwas
geben. Aber dann müsste ich erstmal mein Portemonnaie herauskramen und
bis ich das finde... Und alle sitzen hier und schauen zu. Und ich muss
auch gleich aussteigen. Außerdem stinkt er ja bestialisch. Kann er sich
denn nicht waschen? Und was bringt es denn, wenn ich ihm Geld gebe? Am
Ende kauft er sich davon nur Drogen, so ausgemergelt, wie er aussieht.
Und manchmal gebe ich ja auch etwas, ich kann ja nicht jedem Geld geben,
er ist nicht der erste, der mich heute anbettelt. Und diese Zeitung
will ich wirklich nicht. Warum blickt er denn so teilnahmslos und
zugleich so unterwürfig? Kann er mir nicht normal gegenübertreten? Ich
bin doch auch nicht so anders als er, nur weil ich hier sitze.' Ich
werde auf einmal wütend auf Markus. Dass er mich in diese Situation
bringt, wo ich doch gleich zur Arbeit muss und mich wirklich mit anderen
Dingen auseinandersetzen muss. Markus schaut mich immer noch an. Ich
senke den Blick und schüttele leicht den Kopf. Als er langsam weiter
schlurft, atme ich auf.<br />
<br />
"Widerlich", sagt nun die Blonde neben mir und verdreht die Augen.
Ihre Freundin kichert. "Ich meine, ich stehe auch jeden Morgen um sieben
auf und gehe arbeiten. Von nichts kommt nichts. Außerdem leben wir in
einem Sozialstaat, da sind alle versorgt. Jeder kann zum Amt gehen und
Geld bekommen, niemand hat einen Grund hier alle zu belästigen." Sie hat
beobachtet, wie ich den Mann abgewiesen habe und schaut jetzt nach
Anerkennung heischend zu mir. Ich werde rot und vergrabe mein Gesicht.
Die ältere Dame auf meiner anderen Seite, die das Haarspangen-Gespräch
vorher eher irritiert wahrgenommen hat, lächelt der Blonden aber
bekräftigend zu.<br />
<br />
'Anscheinend kann Markus nicht zum Amt gehen,
warum auch immer.', denke ich und dann, 'Erstaunlich, dass eigentlich
überhaupt jemand anfängt über die Situation zu reden.'<br />
Ich beobachte aus dem Augenwinkel, wie eine Frau Markus ein paar
Cent in den Becher wirft und dabei den gebotenen Sicherheitsabstand
einhält. Der Mann gegenüber zieht die Beine mit den polierten Schuhen
an, die er zwar nicht vor dem Hund retten konnte, aber immerhin vor
Markus' schlurfenden Füßen. <br />
Plötzlich schaut er interessiert auf
und streckt dabei seine viel zu langen Beine wieder nach vorne, sodass
der Motz-Verkäufer ins Straucheln gerät. "Halt mal! Was steht da? Das
Musiktheater in Mitte soll geschlossen werden? Aber da habe ich doch
noch ein Wörtchen mitzureden. Warten Sie mal.", er greift Markus am Arm,
der ihn, erschrocken über die plötzliche Aufmerksamkeit, anstarrt.<br />
<br />
"Ja, was halten denn Sie davon, meinen Sie nicht, wir sollten da etwas
tun?" Markus, der immernoch nicht ganz fassen kann, dass es da um ihn
geht, sagt schließlich: "Das tue ich doch."<br />
"Stimmt richtig...
Höchste Zeit, dass die Leute mal etwas tun. Also, würden Sie mir so eine
Zeitung verkaufen? Das heißt, wo ist denn mein Portemonaie..." <br />
Markus richtet sich auf einmal auf. "Ich schenk Ihnen eine. Aber jetzt
habe ich wirklich zu tun." Mit diesen Worten verlässt er am
Nollendorfplatz geschäftig die Bahn, fast ohne zu schlurfen.Anonymoushttp://www.blogger.com/profile/13287094357124248293noreply@blogger.com1tag:blogger.com,1999:blog-2634417027219653795.post-75662664971886410742013-05-24T07:14:00.003-07:002013-05-24T12:14:14.192-07:00Streifzug Kim: Klamottenkauf"Concious Collection". Das strahlende Lächeln der schönen und sehr
dünnen Frau im Flatterkleid blickt auf mich herab und erhellt den Laden.
<br />
<a href="http://www.blog.de/media/photo/1/7014410" title="1"><img alt="1" src="http://data8.blog.de/media/410/7014410_7629caea19_s.jpeg" style="margin: 5px;" /></a><br />
Die Suche nach einer neuen Hose hat sich schon jetzt zur kleinen
Exkursion ausgeweitet. Herausfordernd ist nicht nur das Durchforsten des
Dickichts aus Kleidermassen, von gestreiften Strumpfhosen über
Schwangerschaftspullover bis zur Spitzenunterwäsche.<br />
<br />
Nein, als ich dann
endlich vor der Hosenabteilung stehe, werde ich mit der nächsten
Schwerigkeit konfrontiert: eine Auswahl an englischsprachigen Begriffen
von denen für mich im Zusammenang mit Hosen keiner einen Sinn ergibt:
Steingewaschen, super mager oder Freundesstil. Zum Glück klärt mich eine
geduldige Frau, die gelangweilt vor einem Haufen mit zerknüllten Jeans
steht die sie mechanisch zusammen faltet, über die Bedeutung von
stonewashed Jeans und Hosenschnitten wie dem boyfriend- und super-skinny
style auf. Während ich mich noch über die Fremdsprachenfreundlichkeit
des Ladens wunderte, entdecke ich das Plakat.<br />
<br />
Concious Collection. Nachhaltigere Kleidung steht darunter. Was hat
das schon wieder zu bedeuten, frage ich mich. Die geduldige Frau mit
dem gelangweilten Gesicht vor dem Hosenberg sieht aus, als könnte sie
sich über etwas Ablenkung freuen. Kein Wunder, angesichts ihrer
Sisyphosarbeit, denn ständig schlendern Leute vorbei und nehmen die
Hosen, die sie sorgsam zusammen gefaltet hat, wieder auseinander, um sie
gleich darauf zerküllt zurück zu werfen. Ich beobachte den eigenartigen
Kreislauf eine Weile, dann spreche ich die Frau an und frage nach der
Bedeutung des Werbeplakats.<br />
<br />
Diesmal schaut die Frau mich etwas erschrocken an. "Was Concious
Collection heißt? Öhm, dafür bin ich eigentlich nicht zuständig. Ich
leite hier nur die Jeansabteilung.”<br />
<br />
"Aber wissen Sie denn gar nicht, was das Plakat zu bedeuten hat?”
Seltsam, finde ich, wo sie doch sogar in dem Laden arbeitet. Wenn sie
die Aufschrift schon nicht versteht, für wen hängt sie dann da?<br />
Die Frau schüttelt den Kopf, verspricht aber, ihre Kollegin zu
fragen. Sie wirkt tatsächlich erleichtert, ihre Sisyphosarbeit kurz
unterbrechen zu können. Gleich darauf steht eine Frau in schwarzem Anzug
vor mir, die genauso strahlend lächelt wie die Dame auf dem Plakat.<br />
<br />
"Sie interessieren sich für die Hintergründe der Concious Collection und unsere Sustainability Politik?”<br />
"Wie bitte?”, frage ich irritiert. <br />
"Unsere Nachhaltigkeitspolitik”, erklärt die Frau mit begeisterter
Stimme. "Soziale und ökologische Nachhaltigkeit spielt für unser
Unternehmen jetzt eine ganz wichtige Rolle. Ich leite das Sustainability
Team in unserer Filiale.” Mit breitem Lächeln entblößt sie ihre
glänzend weißen Zähne. "Wir haben eine Vision, wissen Sie. People,
planet and profit. Wir glauben, dass der Schlüssel zum langfristigen
Erfolg darin liegt, sich der engen Verknüpfung dieser drei Elemente
bewusst zu sein.”<br />
<br />
Ihre Worte erinnern mich an Dinge, die mein Freund Savinda manchmal
sagt, wenn er vom Universum und spiritueller Erleichtung spricht. Ich
schaute mich etwas zweifelnd in dem Laden um. Irgendwie passen ihre
Worte besser in Savindas Meditationszentrum als in den riesigen,
klimatisierten Raum mit den vielen überfüllten Tischen und Regalen
voller Kleidung, durch den wummernde Technomusik schallt.<br />
"Ich weiß”, sagt die Frau, die meinen Blick wohl aufgefangen hat,
"das klingt für viele zunächst etwas überraschend, unser Haus hatte da
ja auf Grund gewisser Kinderarbeitsskandale...” <br />
"Kinderarbeit?”<br />
<br />
"Tja, Sie wissen ja, in vielen Ländern gibt es andere Standards, was
die Arbeitsbedingungen angeht. Bangladesch, Indonesien... da ist es
leider durchaus üblich, dass Kinder in Fabriken arbeiten, statt in die
Schule zu gehen.” Bedauernd zieht die Frau ihre Augenbrauen hoch, die
mit einem dünnen Strich untermalt sind.<br />
"Ach”, sage ich überrascht. "Kommen die Leute, die bei Ihnen
arbeiten, denn alle aus dem Ausland?” Von den VerkäuferInnen im Laden
die ich bisher gesehen habe wirkten die meisten eher wenig
fremdländisch.<br />
"Na ja, die Kleidung wird ja im Ausland hergestellt. Unsere Liferanten kommen natürlich aus dem Ausland.”<br />
"Wirklich? Und dann werden die ganzen Klamotten extra von Bangladesch oder Indonesien nach Berlin gefahren? Warum das denn?”<br />
<br />
"Nun ja, die Arbeitsbedingungen im Ausland unterscheiden sich eben doch
von denen hier bei uns, in ihrer... ja... Effizienz für unser
Unternehmen.” Die Frau räuspert sich und streicht ihre Bluse glatt. "Wir
müssen natürlich auch wirtschaftlich denken und wettbewerbsfähig
bleiben. Wir können nicht plötzlich allen das doppelte an Löhnen zahlen,
verstehen Sie? Und das wäre die Konsequenz, wenn wir nur noch
NäherInnen aus Berlin anstellen.” Sie wirft mir einen beinahe
vorwufsvollen Blick zu, so als wäre ich an dieser Misere Schuld. "Dann
scheiden wir eben vom Markt aus, und andere Kleidungsmarken führen ihre
Ausbeutungspolitik weiter. Das ist sicher auch keine nachhaltige
Lösung.”<br />
"Ausbeutungspolitik?”, frage ich erschrocken.<br />
"Sie
wissen schon... das geht ja ständig durch die Medien. Billiglöhne die
nicht für die Existenz der Arbeiter ausreichen, Arbeitsschichten von
sechzehn Stunden am Stück, Gewalt am Arbeitsplatz, Berührungen mit
giftigen Chemikalien...”<br />
<br />
Ich schaue die Frau entsetzt an. "Das alles passiert mit den Leuten, die die Hosen hier nähen?” <br />
Ungläbig werfe ich einen Blick an der strahlenden Frau vorbei durch
den Laden. Er ist gefüllt von Leuten, die sich Kleidung über die Arme
geworfen haben und fröhlich von einem Regal zum nächsten schlendern. Die
Technomusik verbreitet eine locker-leichte Atmosphäre, die zu der
hochmodernen Einrichtung mit riesigen Spiegeln und glänzenden Regalen
passt. Ob die Leute alle wissen, dass die Klamotten, die sie
herumtragen, von Menschen gemacht sind die dafür ausgebeutet wurden?<br />
<a href="http://www.blog.de/media/photo/hemd/7014409" title="hemd"><img alt="hemd" src="http://data8.blog.de/media/409/7014409_dfcf2aebe0_s.jpeg" style="margin: 5px;" /></a><br />
"Sehen Sie denn keine Nachrichten?”, fragt die Frau verwundert. "Das
ist doch gerade sehr aktuell. Die Brände in Textilfirmen, die gerade
durch die Medien gingen...”<br />
"Brände?” Ich erinnere mich vage an ein
paar Bilder von dunklen, ausgebrannten Räumen, die ich neulich in den
Nachrichten gesehen habe. Ich hatte ja keine Ahnung dass die aus den
Fabriken kamen, in denen die Kleidung hier hergestellt wird. "Wie
furchtbar. Gab es da nicht auch Tote und Verletzte?”<br />
,Leider ja.”
Die Frau nickt bedauernd und beißt sich auf die Unterlippe. "Über
hundert Arbeiterinnen und Arbeiter sind gestorben.”<br />
<br />
"Wie schrecklich! Warum denn?”<br />
"In den Fabriken gab es keine Notausgänge.” Mittlerweile hat das
strahlende Lächeln der Frau nachgelassen. Stattdessen sieht sie mich mit
ernster Mine an. "Das liegt an den Lieferanten im Ausland, auf
Sicherheits- und Gesundheitsvorkehrungen wird da leider kein großer Wert
gelegt.”<br />
"Aber wenn Sie das wissen, wieso arbeiten Sie dann mit
diesen Leuten zusammen? Gibt es denn keine Lieferanten, die anständig
mit ihren ArbeiterInnen umgehen?”<br />
<br />
Die Frau stößt einen Seufzer aus. "So einfach ist das nicht. Man
kann ja nicht immer kontrollieren, was die Lieferanten machen. Sie haben
keine Ahnung, wie komplex das alles ist, in Asien und Afrika und
Osteuropa... Es gibt auch die Lieferanten von Lieferanten und
Sublieferanten... Sie glauben gar nicht, wie viel Zeit und Geld es
kostet, alle zu überprüfen. Und leider”, sie hält kurz inne, sieht sich
für einen Moment um und senkt die Stimme: "Leider steht unser
Unternehmen auch nicht an allererster Stelle für nachhaltige Kleidung.
Wir zeichnen uns für Mode zum besten Preis aus. Das ist auch unseren
KundInnen wichtiger, als dass es den ArbeiterInnen irgendwo im fernen
Osten gut geht.” Sie zuckt die Schultern.<br />
<br />
"Achso. Dann werden die Leute so schlecht bezahlt, weil die Klamotten, die sie nähen, so billig sind?”<br />
"Das hängt nicht immer unbedingt zusammen. Es gibt auch teure
Luxusmode, die unter schlechten Arbeitsbedingungen hergestellt wurde”,
klärt die Frau mich auf. "Von dem Preis für ein T-Shirt geht sowieso
höchstens 20 Prozent an die Löhne für NäherInnen. Aber natürlich gibt es
auch Marken, die sich extra durch ihre Nachaltigkeit auszeichnen. Da
müssen Sie dann aber auch einiges mehr für bezahlen. Dass man für 5 Euro
wahrscheinlich kein T-Shirt bekommt, das besonders fair hergestellt
wurde, das dürfte wohl jedem klar sein.” Sie macht eine kurze Pause und
ich starre auf die dunkelblaue Hose in meiner Hand. Von wem die wohl
genäht wurde? Etwa auch von jemandem, der studenlang in einer dunklen
Fabrik ohne Notausgänge arbeiten musste? Wie furchtbar.<br />
<br />
"Aber, Dinge verbessern sich”, sagte die Frau, die meinen unwohlen
Blick wohl bemerkt hat. Sie setzt ein nachsichtiges Lächeln auf. "Es ist
ein langer und schwieriger Prozess zu mehr Nachhaltigkeit. Aber wir
übernehmen jetzt Verantwortung. Bei uns gibt es jetzt einen Code of
Conduct, wir kommunizieren mit externen Stakeholdern und überprüfen alle
concious actions.” Ihre Stimmlage schnellt wieder nach oben. Stolz
richtet sie sich auf.<br />
<br />
Da ich nicht ganz verstehe, was ihre Worte
konkret bedeuten, halte ich noch mal auf die Hose in meiner Hand hoch.
"Heißt das, dass diese Jeans jetzt nicht mehr von ausgebeuteten Menschen
gemacht wurde?”<br />
"Na ja, es wäre natürlich falsch zu behaupten, dass wir garantieren
können dass es zu keinen Verletzungen unseres Verhaltenskodex kommt”,
meint die Frau vage. "Ich habe Ihnen ja erklärt, wie schwierig und wie
zeitaufwendig und kostenspielig die ganze Überprüfungsangelegenheit ist.
Aber wie all unsere Aktivitäten ist auch unser
Nachhaltigkeitsengagement vom Streben nach ständiger Verbesserung
geprägt. Lesen Sie sich doch unseren Bericht mit den Concious Actions
2012 durch, da finden Sie alle Highlights rund um das Thema
Nachhaltigkeit.” Jetzt strahlt sie wieder wie die Frau auf dem Plakat
über uns.<br />
<br />
Ich bedanke mich für die freundliche Auskunft und lege unauffällig
die Hose in meiner Hand zurück auf den großen Haufen. Beim Hinausgehen
sehe ich einen Tisch in der Ecke, auf dem groß "Nachhaltigkeit zu fairem
Preis” steht. Scheinbar ist das die faire Kleidung, die dafür ein
bisschen teurer ist. Der Tisch ist menschenleer. Ein Stück weiter stauen
sich die Leute vor einem Regal mit der Aufschrift "Super-Sale.”<br />
Hastig
verlasse ich den Laden.Anonymoushttp://www.blogger.com/profile/13287094357124248293noreply@blogger.com1tag:blogger.com,1999:blog-2634417027219653795.post-74041564555848716052013-05-24T07:13:00.002-07:002013-05-24T07:15:27.471-07:00Streifzug Kim: Über Entscheidungen<div class="post-content userContent">
<br />
<div class="post-content-inner">
<br />
<span style="font-size: small;">Woher wissen wir eigentlich, dass die Entscheidungen, die wir treffen, die richtigen sind? <br />Vor
kurzem war ich auf einer Vernissage von meinem Freund Dave, der
eigentlich David heißt aber das klingt nicht so cool, findet er. Dave
hat ein kleines Atellier im Prenzlauer Berg, wo er seine Fotos
ausstellt. Dorthin läd er ab und zu schicke Leute ein, die sich seine
Bilder anschauen, dabei Sekt trinken und ein bisschen über Kunst und
Literatur reden. Dave verbringt fast den ganzen Tag damit, durch die
angesagten Viertel von Berlin zu laufen und abgefahrene Sachen wie
Graffiti an Mauerwänden oder heruntergekommene Häuserfassaden zu
fotografieren. Ansonsten feiert er morgens in Clubs, geht nachmittags
frühstücken oder unterhält sich mit Leuten über Kunst. </span><br />
<br />
<span style="font-size: small;">Dave wirkt sehr glücklich. Auf der
Vernissage beobachte ich ihn heimlich, wie er lässig an der Wand lehnt,
ein Glas Sekt in der Hand, an dem er nippt und gedankenverloren seine
eigenen Bilder anschaut. Dave hat sich dazu entschieden, den Großteil
seines Alltags der Kunst zu widmen und das scheint ihn voll und ganz zu
erfüllen. <br />Womit verbringe ich den Großteil meines Alltags? Ich sitze
in der Universität in Vorlesungen und lerne etwas über die Welt.
Erfüllt mich das? Ich starre eines von Daves Bildern an, eine Explosion
aus bunten Farben. Ich weiß es nicht. Ich mag die Uni, ich fühle mich
wohl in meinen Vorlesungen und es macht Spaß, Dinge über die Welt zu
lernen. Aber woher will ich wissen, dass es nicht Dinge gibt, die mir
noch viel mehr Spaß machen würden? Fotografieren
zum Beispiel. Oder Bergsteigen oder Mandoline spielen. Vielleicht wäre
mein Leben viel erfüllter, wenn ich mich mit etwas anderem beschäftigen
würde als ich es momentan tue. Aber wie kann ich jemals herausfinden,
für welche Beschäftigung ich mich am besten entscheiden sollte, wenn ich
nicht jede einzige Tätigkeit ausprobiert habe mit der man sich auf der
Welt beschäftigen kann?</span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><a href="http://www.blog.de/media/photo/berlinbild/7003398" title="Berlinbild"><img alt="Berlinbild" src="http://data8.blog.de/media/398/7003398_2e985af308_s.jpeg" style="margin: 5px;" /></a></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;">Wieder starre ich Daves Fotografie
an, die wohl das sehr wilde und freie Werk eines Graffitikünsters
dastellt. Dieser Künstler war im Moment seiner Kunstausübung sicher sehr
erfüllt. Was genau sein Werk dastellen soll und wieso er es auf dem
Stück Mauer hinterlassen hat, das dann von Dave fotografiert wurde, ist
mir allerdings schleierhaft. Wofür, frage ich mich. Ist es wichtig, ein
Wofür zu haben? Oder reicht es, das zu fnden, was einen am meisten
erfüllt? Erfüllen, was bedeutet das in diesem Zusammenhang überhaupt?
Dave benutzt das Wort immer, wenn er über die Kunst redet weil er sagt,
dass Kunst das einzige sei was ihn erfüllt. Erfüllt mit was? Mit Glück,
mit Freude? Gehe ich jeden Tag in die Uni, weil die Vorlesungen mich mit
irgendetwas erfüllen? Ich frage Dave nach Rat, der jetzt die Leute
begutachtet, die herumstehen und seine Werke anstarren. In seiner engen
roten Hose, den langgezogenen Socken und seiner dicken Hornbrille passt
er wunderbar in das Bild aus bunten Leuten, die sich leise über Kunst
unterhalten. Ich klage Dave mein Leid. "Was ist, wenn ich mein Leben
damit verbringe, in die Universität zu gehen, mich zu bilden und dann
irgendwann, wenn ich alt bin, feststelle, dass es mich viel glücklicher
gemacht hätte, etwas Künstlerisches zu machen so wie du?"<br /> Dave zieht
seine sauber zurechtgezupften Augenbrauen hoch und betrachtet mich
kritisch. "I don't know", meint er, "ob das so dein thing wäre mit der
Kunst." Dave verwendet manchmal gerne Anglizismen, obwohl er Deutscher
ist, ich weiß auch nicht genau warum.<br /> "Aber woher weiß man, was sein
"thing" ist? Ich habe es doch noch nie ausprobiert. Ich habe auch noch
nie... Seil getanzt oder Klavier gespielt. Wieso habe ich mich gerade
dazu entschieden, jeden Tag in die Uni zu gehen?"<br /> "Das verstehe ich
auch nicht", sagt Dave. "An deiner Stelle fände es da ja auch super
boring. Dieser ganze Haufen von intellektuellen Typen, die über die Welt
philosophieren... that's no life. Das kann einen doch nicht erfüllen."<br /> "Und woher weißt du, dass deine Kunst dich richtig erfüllt? Dass sie das Beste ist, für das du dich entscheiden konntest?"<br />
"Das ist so ein feeling. So was spürt man einfach, wenn man Künstler
ist." Dave sieht fast liebevoll auf das Foto vor ihm, noch eine Mauer
mit Graffiti. "Du spürst doch, wenn dich was voll und ganz erfüllt. Und
dann... just do it! Einfach in den Tag leben, das feeling feelen. Das
ist life."<br /> "Aber denkst du denn nie daran, dass es vielleicht etwas gäbe, dass noch... besser ist? Das dich noch mehr erfüllen würde?"<br />
Dave denkt eine Weile darüber nach. Er kippt sein Sektglas herunter.
"Nee", sagt er schließlich. "Ich bin Künstler und das ist mein Leben.
Das spüre ich. Das ist dieses feeling, verstehst du?"</span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"> Ich bin mir nicht sicher, ob Dave mir mit meinem Problem so gut
weiterhelfen kann und da es mich immernoch beschäftigt, während ich
weiter brav meinem Alltag nachgehe, in Vorlesungen sitze, zu Hause
Bücher lese und mir dabei vorstelle, dass es gerade wohl ungefähr ein
paar hundert oder tausend anderer Sachen gäbe, die ich ebenfalls tun
könnte, beschließe ich, meinen Freund Savinda um Rat zu fragen. </span><br />
<br />
<span style="font-size: small;">Savinda arbeitet in einem Yogastudio
in Schöneberg und er freut sich jedes Mal, wenn man ihm Fragen stellt,
die irgendwie mit dem Sinn des Lebens oder so etwas zu tun haben.<br />
Savinda schreitet wie immer barfuß und in seinen orangenen Flatterhosen
über dem blankgegeputzten Laminatboden des Studios auf mich zu. Wir
setzen uns auf zwei Kissen am Boden, er legt die Beine übereinander und
hört mir eine Weile aufmerksam zu während ich ihm erzähle, was mir auf
dem Herzen liegt.<br /> "Ich weiß nicht mal, wie ich meine Entscheidungen
treffe", sage ich. "Irgendwie scheint sich alles immer irgendwie zu
ergeben. Warum habe ich mich dazu entschieden, zu studieren und nicht...
irgendetwas anderes zu tun? Und wie kann ich wissen, was das Beste für
mich ist?"<br /> Savinda schaut mir tief in die Augen. "Kim", sagt er mit
sehr ruhiger Stimme. "Es gibt doch immer unendlich viele Möglichkeiten,
was du tun könntest."<br /> "Und wie kann ich wissen, was das Beste ist?"<br />
"Das Beste", sagt Savinda kopfschüttelnd. "Das Beste und das Gute gibt
es doch gar nicht. Das gehört alles zusammen. Alles ist eins, das weißt
du doch. Ob du Kunst machst oder ob dein Freund Dave Kunst macht, das
ist das gleiche." Er kreist mit dem Armen, wie um mir das Ausmaß seiner
Worte begreiflich zu machen. "Ob du zur Uni gehst oder in einem
Supermarkt arbeitest... im Großen und Ganzen betrachtet, ist das alles
eins, Kim. Es ist nicht wichtig, was du machst, sondern wie du es
machst. Du musst alles, was du machst, mit vollem Bewusstsein machen,
verstehst du? Mit Hingabe." Er schaut mich so durchdringend an, dass mir
die Augen davon tränen.<br /> Ich denke eine Weile nach. "Aber meine
Freundin Ginny sagt, dass alles, was die Leute machen, ständig
irgendetwas verändert", wende ich ein. "Sie sagt, wenn die Leute
aufhören würden, abends fern zu sehen und statt dessen gegen Krieg
demonstrieren und so etwas, dann würde sich die ganze Gesellschaft
verändern."<br /> "Die Gesellschaft", meint Savina etwas verächtlich, "mag
sein, mag sein. Aber man muss den ganzen Kosmos betrachten, nicht nur
die Gesellschaft. Wir alle sind ein kleiner Teil des Kosmos. Du bist das
Universum, Kim. Und dem Uniersum ist es egal, ob du fern siehst oder
demonstrieren gehst."<br /> "Dann ist es ganz egal, was wir uns entscheiden zu tun?"<br /> "Du musst dich immer für die Liebe entscheiden", mein Savinda. "Liebe und Hingabe. Das ist es, was zählt."<br /> "Und was ist mit dem Glück? Ist das nicht auch wichtig?"<br /> "Liebe und Hingabe machen doch glücklich."<br />
"Aber es gibt doch Dinge, die mich glücklicher machen als andere. Wenn
ich jeden Tag in einem Supermarkt sitze, dann macht mich das bestimmt
weniger glücklich, als jeden Tag im Wald spazieren zu gehen."<br /> "Ja
selbstverständlich. Im Wald bist du dem Kosmos ja auch ganz nah. Im Wald
bist du voller Energie, voller Bewusstsein, voller Hingabe." Savinda
wirft beim Sprechen die Hände in die Luft, um kleine Energiebälle
darzustellen.<br /> "Und im Supermarkt kann ich das nicht sein?"<br /> Savinda verdreht etwas die Augen. Normalerweise mag er Fragen, aber wenn man zu oft fragt, geht ihm das auf die Nerven.<br /> "Kim, du solltest anfangen, Yoga zu machen. Deinen Geist frei machen von allem. So findest du wahre Erfüllung."<br />
Er legt die Hände aufeinander und beugt lächelnd den Rücken. Damit
erklärt er das Gespräch für beendet. Mit flatternder Hose schreitet er
davon.</span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"> Sehr viel mehr weiß ich nach den Unterhaltungen mit Dave und mit
Savinda auch nicht. Ich denke darüber nach, Ginny noch nach Rat zu
fragen aber ich habe den vagen Verdacht, dass mich auch das nicht
wirklich weiter bringen wird. Es ist ja nicht schlecht, in die Uni zu
gehen, danke ich. Und Savinda hat auf jeden Fall recht damit, dass man
wohl schlecht alles ausprobieren kann, was es auf der Welt zu tun gibt.
Vielleicht sollte ich wirklich mal Yoga machen oder zumindestens darauf
achten, mit viel Hingabe in der Vorlesung zu sitzen und den Professoren
mit ganzem Herzen zuzuhören. Und vielleicht mal probieren, ob mich
Mandolinespielen nicht zufälligerweise noch mehr erfüllt als das.</span></div>
</div>
Anonymoushttp://www.blogger.com/profile/13287094357124248293noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-2634417027219653795.post-6467571700869713132013-05-24T07:12:00.001-07:002013-05-26T13:41:06.577-07:00Streifzug Ulli: Leistung aus Leidenschaft<div class="post-content userContent">
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
</div>
<div style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;">
</div>
<br />
<div class="post-content-inner">
<div style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;">
„Das Leben ist voller Spannung und Abwechslung –
aber es birgt auch so manche Risiken. Wir helfen Ihnen dabei, diese
Risiken abzufedern.“</div>
<a href="http://www.moebelimperium.de/images/product_images/thumbnail_images/8356_0.jpg" imageanchor="1" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img alt="http://www.moebelimperium.de/images/product_images/thumbnail_images/8356_0.jpg" border="0" class="decoded" height="200" src="http://www.moebelimperium.de/images/product_images/thumbnail_images/8356_0.jpg" width="147" /></a>'Na das ist aber großzügig', denke ich und versuche es mir auf dem
modern geschnittenen blauen Bürostuhl ein wenig bequemer zu machen.<br />
<br />
„Sie wissen ja, in Zeiten der Unsicherheiten und des Wandels ist es
von grundlegender Bedeutung, auf Stabilität zu setzen. Heutzutage zählen
Kompetenzen und unternehmerische Verantwortung. Sie sagten, Sie haben
keine Kinder? Richtig, das verstehe ich. Im heutigen Zeitalter der
Krisen ist es ein großes Wagnis, ein Kind zu bekommen. Die
medizinisch-technischen Möglichkeiten haben sich enorm erweitert, aber
vor dem Abrutsch in die Rezession ist scheinbar niemand sicher.<br />
<br />
Während ich Frau Lehmann noch für ihre gewählte Ausdrucksweise und
Weitsichtigkeit bewundere, schweift mein Blick über ihre Schulter auf
das Plakat mit dem lächelnden Paar. Gleich nach den strahlend weißen
Zähnen und der stilvollen Kleidung der beiden fällt mir auf, dass sich
die hellblaue Bluse der Frau über einen Schwangerschaftsbauch spannt.<i> „Unser Kind hat noch keinen Namen, aber eine Rentenversicherung.“</i>, lese ich darunter und in der Ecke: <i>„Leistung aus Leidenschaft“.</i><br />
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://2.bp.blogspot.com/-J400BHY_fz0/UaJpWMh7M7I/AAAAAAAAAIc/1gr1B0VXrTg/s1600/635907_web_R_by_Thommy+Weiss_pixelio.de.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="187" src="http://2.bp.blogspot.com/-J400BHY_fz0/UaJpWMh7M7I/AAAAAAAAAIc/1gr1B0VXrTg/s200/635907_web_R_by_Thommy+Weiss_pixelio.de.jpg" width="200" /></a></div>
<i><br />
</i><br />
Auch meine persönliche Beraterin lächelt mich nun an und mir fällt auf,
dass sie die gleiche Bluse trägt, wie die Mutter auf dem Bild.<br />
„Kinder sind liebenswert, aber ein Risiko-Faktor. Sie bringen ein
sinnvoll strukturiertes und zielorientiertes Leben ins Wanken. Wie
können wir so weit voraus planen, dass es unseren Kindern auch noch in
50 Jahren gut geht? Ein Kind großziehen und nach seinem eigenen Bild zu
formen, ist eine große Leistung. Das Produkt dieser Bemühungen muss
geschützt werden. Was denken Sie darüber?“<br />
<br />
<br />
„Ähm...ich? Produkte schützen, ja richtig, Verbraucherschutz. Und
Leistung aus Leidenschaft. Und Kinder mag ich auch, man...sollte sie vor
Produkten schützen.“<br />
<a href="http://2.bp.blogspot.com/-aEB0CqDvQ8Y/UaJsb0Yc17I/AAAAAAAAAIs/rjGVlcUe05Y/s1600/645881_web_R_by_Paulwip_pixelio.de.jpg" imageanchor="1" style="clear: right; float: right; margin-bottom: 1em; margin-left: 1em;"><img border="0" height="150" src="http://2.bp.blogspot.com/-aEB0CqDvQ8Y/UaJsb0Yc17I/AAAAAAAAAIs/rjGVlcUe05Y/s200/645881_web_R_by_Paulwip_pixelio.de.jpg" width="200" /></a>„Sie bringen es auf den Punkt. Leistung aus Leidenschaft. Den Menschen ist bewusst, dass der Euro ins wanken geraten ist. Sie
flüchten sich in den Kauf von Gold oder anderen Wertanlagen. Der Trend
geht zu seltenen Erden und Mineralien aus dem Himalaya. Was halten Sie
davon?“<br />
„Hmm...ich war mal im Himalaya wandern.“, bemerke ich hilflos. <br />
„Sehen Sie, das ist ganz meine Meinung. Erde eignet sich hauptsächlich
als Boden. Die Bevölkerung vergisst in ihrer Irrationalität, dass die
größte Sicherheit vor der Haustür zu finden ist.“<br />
„Tatsächlich? Deutsche Erde?“<br />
<br />
<br />
Ingeborg Lehmann schmunzelt. „Unsere Bank ist ein fester Anker in
Zeiten unsicheren Seegangs und Werteverlusts. Sie schafft einen Rahmen
der Sicherheit, in dem selbst scheinbar unabsehbare Risiken, wie das
Kinderkriegen, auf das Gründlichste geplant und abgesichert werden
können. Zu keinem Zeitpunkt der Geschichte war dies in diesem
umfassenden Rahmen möglich. Wir setzen auf nachhaltiges Wachstum im
Asiatischen und Pazifischen Raum und fokussieren uns auf Innovationen
und Kompetenzen. Die wichtigste Zielsetzung der 'Strategie 2015+' ist
es, Werte für alle zu schaffen. Unsere Leistungskultur muss zugleich
eine Kultur der Verantwortung sein. Die Sicherheit und Zufriedenheit
unserer Kunden stehen im Mittelpunkt unseres Handelns. Transparenz und
eine hohe Beratungsqualität sind für uns dabei entscheidend – dies
garantiert unser Wertekodex, der Integrität und Glaubwürdigkeit unseres
Handelns höchste Priorität einräumt.<br />
<br />
„Richtig...Kompetenzen...“<br />
„In der Tat, da gebe ich Ihnen vollends Recht. Ich würde Ihnen deshalb
gerne mit Rat und Tat bezüglich Ihrer Rentenversicherung zur Seite
stehen. Haben Sie Fragen oder möchten Sie gerne die aktuellen Vorteile
unserer neue Premium-Riester-Rente kennenlernen? In welches
Altersvorsorgemodell investieren Sie zur Zeit?“<br />
„Ähm...da habe ich mir noch gar nicht so recht Gedanken gemacht, da ich ja noch studiere.“<br />
<br />
Frau Lehmann fährt erschrocken auf. „Bedeutet das etwa, Sie besitzen noch keine Rentenversicherung?“<br />
„Naja...“<br />
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
</div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://1.bp.blogspot.com/-ER-kgxOVmSM/UaJy6v4bgnI/AAAAAAAAAJk/9s5air6xTr4/s1600/605467_web_R_K_B_by_Petra+Bork_pixelio.de.jpg" imageanchor="1" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="132" src="http://1.bp.blogspot.com/-ER-kgxOVmSM/UaJy6v4bgnI/AAAAAAAAAJk/9s5air6xTr4/s200/605467_web_R_K_B_by_Petra+Bork_pixelio.de.jpg" width="200" /></a></div>
„Sie studieren, das ist heute noch lange keine Garantie auf einen
Arbeitsplatz. Als Student stehen Sie mit Sicherheit unter erhöhtem
existentiellen Druck. Selbst als Manager ist es schwierig geworden. Wer
sich nicht frühzeitig bemüht, bleibt in der heutigen Gesellschaft auf
der Strecke. Sie müssen Ihre Zukunft schützend gestalten. Ich werde
Ihnen helfen diesen Druck abzubauen. Darf ich fragen, was Sie
studieren?“<br />
<br />
„Also, eigentlich Philosophie und naja...“<br />
„Philosophie... also, Sie können nun schließlich auch nicht in allem auf
Ihren Lebenspartner vertrauen. Beziehungen sind unstethaft geworden.
Auch Liebe ist an Bedingungen geknüpft und will geplant sein, glauben
Sie mir. Altersarmut ist eine ernstzunehmende und wachsende Größe. Wer
nicht vorzeitig einen sicheren Weg einschlägt, steht alleine da.“<br />
<br />
Frau Lehmann öffnet Ihre Schreibtischschublade. Heraus kommt ein
laminiertes Blatt mit drei kleinen Bildern eines Mannes in verschiedenen
Altersstadien, das sie mir triumphierend über den Tisch zuschiebt.
Neben jedem Bild befindet sich ein Text.<br />
<br />
<a href="http://1.bp.blogspot.com/-yxoXf8JbuxI/UaJwMwv9_AI/AAAAAAAAAJU/Eawzj2foBxo/s1600/610958_web_R_by_Michael+Staudinger_pixelio.de.jpg" imageanchor="1" style="clear: right; float: right; margin-bottom: 1em; margin-left: 1em;"><img border="0" height="195" src="http://1.bp.blogspot.com/-yxoXf8JbuxI/UaJwMwv9_AI/AAAAAAAAAJU/Eawzj2foBxo/s200/610958_web_R_by_Michael+Staudinger_pixelio.de.jpg" width="200" /></a><i>Mit 20 dachte ich, ich bin mitten in der Ausbildung und habe keine Möglichkeit in eine Rentenversicherung zu Investieren.<br />
Mit 30 habe ich eine Familie gegründet und dachte, ich brauche nun all mein Geld für meine Kinder.<br />
Mit 45 haben wir unser Haus gebaut, da konnte ich keinen Cent zurücklegen.<br />
Heute ist es schwer geworden. Die Immobilienpreise sind gefallen, meine
Kinder sind aus dem Haus, meine Rente wurde gekürzt. Ich wünschte, ich
hätte besser vorgesorgt.</i><br />
<br />
Ich blicke irritiert hoch. Frau Lehmann sieht ernstlich besorgt aus. Ich schaue auf die Uhr.<br />
„Ich habe hier ein zehn Punkte-Papier für Sie vorbereitet. Es ist teil
unseres Rundum-Sorgenfrei-Paketes „Angstfrei durch das Leben“ und heißt
„Absichern und Vorsorgen“. Hier können Sie erkennen, wie Sie Ihre
Zukunft sicher und schützend gestalten können.“<br />
„Danke sehr, das ist lieb von Ihnen, dann nehme ich jetzt einfach das
Papier und schaue es mir dann zu Hause an... also gründlich an.“, füge
ich hinzu, als mich ein scharfer Blick trifft.<br />
<br />
„Vielleicht sollten wir das Konzept lieber zusammen ausarbeiten. Der
Kunde ist König und steht im Zentrum unserer Aufmerksamkeit, weshalb ich
ein individuell angepasstes und perfekt für ihre Bedürfnisse
zugeschnittenes Modell erarbeiten möchte. Bitte verraten Sie mir etwas
über Ihren strukturellen Werdegang.“<br />
„Struktureller....“<br />
„Welche Stufen haben Sie durchlaufen? Wo liegt Ihre Zielsetzung, was planen Sie für Ihre Zukunft?“<br />
„Ich studiere und treffe mich gerne mit Freunden, außerdem reise ich
gerne, nach dem Studium wollte ich vielleicht nach Indien gehen oder
Lateinamerika, ich weiß es noch nicht.“<br />
„Indien? Sie wissen es noch nicht? Sie arbeiten nicht?“<br />
„Doch, wenn ich Geld brauche, schon, aber soviel brauche ich eigentlich nicht.“<br />
„Und Ihre Vorsorge? In jungen Jahren denen viele Menschen, sie könnten
'von der Hand in den Mund' leben. Im Alter rächt sich das.“<br />
<br />
<a href="http://4.bp.blogspot.com/-sz3tII_TADE/UaJvg0gRH4I/AAAAAAAAAJE/qy4_QrSY91Y/s1600/630984_web_R_K_by_Martin+G%25C3%25BCnther_pixelio.de.jpg" imageanchor="1" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="135" src="http://4.bp.blogspot.com/-sz3tII_TADE/UaJvg0gRH4I/AAAAAAAAAJE/qy4_QrSY91Y/s200/630984_web_R_K_by_Martin+G%25C3%25BCnther_pixelio.de.jpg" width="200" /></a><br />
Sie greift erneut in Ihre Schublade. Ich blicke auf das Blatt, das sie
mir hinschiebt. Es ist ein Kassenbon. Von 2040. Ein Einkauf von 283 Euro
ist darauf zu sehen:<i> Brot – 28, 50 €; Gouda – 36 €; Taschentücher 12, 18 €...</i><br />
<br />
<br />
<br />
„Das ist ja alles hochinteressant und risikofrei, ich würde auch
sehr gerne Ihr nachhaltiges Wachstum durch meine Rentenzahlung fördern
und individuelle Werte für alle schaffen, nur wollte ich mir trotzdem
noch ein bisschen Zeit lassen, ich weiß ja noch gar nicht, ob ich
nächstes Jahr in Deutschland wohnen werde. Das ist wirklich sehr nett
von Ihnen, mit der Beratung, eine hohe Qualität und sehr individuell,
aber ich fürchte ich muss dann jetzt individuell nach Hause. Sie werden
mir ja sicher per Post nochmal einen persönlichen Beratungstermin
vorschlagen, das schafft schließlich auch viel Sicherheit. Es hat mich
sehr gefreut.“<br />
Pikiert schaut mir Frau Lehmann tief in die Augen. Langsam und
nachdrücklich sagt sie: „Aber wir müssen doch Verantwortung übernehmen.
Nachhaltiges Denken und Handeln. Absichern. Für Ihre Sorgenfreiheit
stehen wir mit unserem Namen. Es ist das Ziel unser Beratung unsere
Kunden von ihren persönlichen existentiellen Ängsten zu befreien... “<br />
<br />
<br />
Ich sehe wie ihre Hand erneut zur Schublade wandert. Nervös springe ich
so schwungvoll auf, dass der Designerstuhl gefährlich ins Wanken kommt.
„Herzlichen Dank für ihre kompetente Beratung, Frau Lehmann, Sie sind
wirklich sehr gewissenhaft und äh... ich wünsche Ihnen noch einen
nachhaltigen und vorsorgenden Tag, oder wie man doch gleich sagt.“ Ich
reiche ihr die Hand.<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://4.bp.blogspot.com/-sAEP8uhPzHM/UaJtzP2Iw4I/AAAAAAAAAI4/kasUZJXZbnM/s1600/280040_web_R_K_by_Michael+Hirschka_pixelio.de.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="212" src="http://4.bp.blogspot.com/-sAEP8uhPzHM/UaJtzP2Iw4I/AAAAAAAAAI4/kasUZJXZbnM/s320/280040_web_R_K_by_Michael+Hirschka_pixelio.de.jpg" width="320" /></a></div>
</div>
</div>
Anonymoushttp://www.blogger.com/profile/13287094357124248293noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-2634417027219653795.post-26074556041705898572013-05-24T07:02:00.002-07:002013-05-26T12:58:12.578-07:00Streifzug Kim: Neulich beim EinkaufFreitagabend wurde ich von meinen Freunden Oscar und Ginny zu einem
"kleinen gemütlichen Kochabend" eingeladen. Das ganze gestaltete sich
dann komplizierter als gedacht, weil sich zwischen meinen beiden
Freunden sehr unterschiedliche Vorstellungen davon zeigten, was für so
ein nettes kulinarisches Beisammensein wichtig ist.<br />
<br />
<a href="http://www.blog.de/media/photo/blog/7004383" title="blog"><img alt="blog" src="http://data8.blog.de/media/383/7004383_6efef8db3b_s.jpeg" height="108" style="margin: 5px;" width="200" /></a><br />
<br />
Wir trafen uns in Oscars schickem Apartment in Berlin Mitte, das
sehr sauber und sehr ordentlich ist. Ginny begutachtete ein bisschen
abschätzig Oscars Flachbildschirmfernseher und seine Stereoanlage, aus
der Jazztöne klangen, Oscar warf einen leicht irritierten Blick auf
Ginnys neuste Rastelocke am Kopf, die sie pink gefärbt hat – davon
abgesehen saßen wir sehr harmonisch auf Oscars Balkon und genossen die
Aussicht auf das abendlich erleuchtete Brandenburger Tor.<br />
<br />
Die Komplikationen fingen an, als wir uns überlegten, was wir essen
wollten. Oscars Menüvorschlag war Entenbrustfilet auf
Rosmarinkartoffeln mit Sahnesauce. Ginny ist Veganerin. Das heißt, sie
isst nichts, für das ein Tier in menschlicher Gefangenschaft leben
musste. Sie erklärte uns, dass sie zwar der Gemeinschaft Willen bereit
sei, für einen Abend Milchprodukte so wie Käse oder Sahne zu verzehren,
sich aber keinenfalls ein Stück totes Tier in den Mund stecken würde.<br />
<br />
Ich sah schon, wie Oscar sarkastisch die Augenbrauen hochzog und Ginny
heimlich die Hände zu Fäuste ballte, was die typischen Anzeigen für eine
lange und ausführliche Grundsatzdisskussion über die Vor- und Nachteile
des Fleischverzehrs sind, die sich bis tief in die Nacht ausdehnen
kann. Ginny beginnt dabei üblicherweise mit einer detailgetreuen
Darstellung von Massentierhaltungslagern, in denen ehemalige Schnitzel
und Würstchen vor sich hin leiden bevor sie auf unserem Teller landen,
während Oscar die überlegene Stellung des Menschen über dem Tier
lobpreist, die er hauptsächlich auf den menschlichen Fleischverzehr
zurückführt. Aus Erfahrung kann ich sagen, dass Ginny und Oscar nach
ihren Diskussionen jedes Mal noch etwas überzeugter von ihrem eigenen
Standpunkt sind und anschließend ein paar Tage nicht mehr miteinander
sprechen.<br />
<br />
Zum Glück waren die beiden an diesem Abend zu erschöpft, um
lange Monologe zu halten – Oscar von den Bankgeschäften die mal wieder
äußerst komplex verliefen und Ginny von einer Demonstration bei der sie
Stundenlang brüllend im Regen gestanden hatte. Deshalb einigten wir uns
überraschend schnell auf Lasagne – Käseüberbackene Nudelplättchen in
Tomatensauce und einer Hälfte mit zerbröckeltem Schwein für Oscar
(Ginnys Worte), die andere Hälfte mit gummihafter Masse die nach Fleisch
schmecken soll (Oscars Worte).<br />
<br />
Größere Probleme bereitete dann leider der Einkauf der Zutaten, die
wir für unser semi-vegetarisches Gericht benötigten. Zunächst stellte
es sich als unmöglich heraus, einen Laden zu finden, der Ginnys und
Oscars Ansprüche an einen Lebensmittelverkauf vereinen konnte.<br />
<br />
Ginny
bestand darauf, dass wir zumindestens Fleisch von Tieren kaufen, die in
ihrem Leben schon mal frische Luft geschnuppert haben – und die gibt es
ihr zufolge nur in sogenannten Bioläden. Dort kommt das, was man kauft,
laut Ginny noch aus einem Stall oder vom Feld und nicht aus
gigantischen Massenfabriken. Dafür sind diese Biomärkte wohl auch teurer
als andere Läden und das passte Oscar natürlich gar nicht. Er fand das
mit dem Fleisch zwar in Ordnung, lehnte es aber regement ab, den
gesamten Einkauf in einem Biomarkt zu tätigen.<br />
<br />
"Auf gar keinen Fall. Da zahlen wir doch mindestens das Dreifache.
Und ich hab's gerade wirklich nicht so dicke. Die Bankgeschäfte laufen
überhaupt nicht gut!"<br />
"Man muss eben Prioritäten setzen", keifte Ginny. "Dann verzichte
halt mal morgens auf deinen Starbucks Cappuchino. Das Essen im Biomarkt
ist wenigstens nicht mit Giften vollgepumpt, so wie in allen anderen
Supermärkten."<br />
<br />
"Das Essen ist aber nicht meine Priorität", sagte Oscar. "Und von
wegen Giften" - er warf Ginny einen kritischen Blick zu, die auf dem
Balkon stand und an einer Zigarette zog - "deine Gesundheit kann dir ja
auch nicht so wichtig sein, sonst würdest du sicher nicht rauchen."<br />
<br />
Es ging noch ein bisschen so weiter und wir beschlossen
letztendlich, die verschiedenen Zutaten an verschiedenen Orten zu
kaufen. Zuerst besuchten wir einen Laden, der Oscar zufolge das beste
Preis-Leistungs Verhältnis hatte.<br />
<br />
In dem großen, fensterlosen Raum mit
grellem Licht gab es sehr viel Essen. Das meiste war in Plastiktüten
verpackt, sodass man den Inhalt gar nicht sehen konnte sondern nur ein
Bild davon. Manchmal waren auf den Bildern auch ganze Pflanzen
abgebildet (zum Beispiel Apfelbäume) oder essende Menschen, was mich
sehr verwunderte; ich kann mir nicht vorstellen, dass die wirklich in
den kleinen Verpackungen stecken sollten.<br />
Die Gänge im Laden waren
voller Menschen, die ihre Einkaufswägen bis oben hin beluden. Wir
blieben vor einem Regal mit roten Dosen stehen, auf denen man Bilder von
frischen Tomaten sah. Ginny und Oscar erklärten, dass sich in den Dosen
tatsächlich Tomaten befanden die man draußen auf dem Feld geerntet
hatte, die aber schon klein gehackt und Schalenbeseitigt waren. Die
Tomaten in den Dosen werden nicht schlecht, man kann sie ewig zu Hause
lagern und dann aufbrauchen, wenn man gerade nichts zu Essen da hat. Das
ganze war mir zwar etwas suspekt, aber praktisch ist es schon, das muss
ich sagen.<br />
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="http://1.bp.blogspot.com/-q7owxqxSDZw/UaJounDSLpI/AAAAAAAAAIM/j2tjmmlB4_A/s1600/tomaten.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" src="http://1.bp.blogspot.com/-q7owxqxSDZw/UaJounDSLpI/AAAAAAAAAIM/j2tjmmlB4_A/s1600/tomaten.jpg" height="200" width="133" /></a></div>
<br />
Oscar ging in die Hocke um die verschiedenen Preisschilder
zu vergleichen und die billigste Konserve herauszusuchen. Ginny griff
nach der Dose, die er auserwählt hatte und las sich mit
zusammengekniffenen Augen die Inhaltsstoffe durch, also das, was man
noch zu den Tomaten dazugemischt hatte. Dachte ich mir doch, dass die
sich nicht auf magische Weise so lange halten. <br />
<br />
"Aha, siehst du mal – Zucker", sagte sie abschätzig. "Und versteckte Fette. Die nehmen wir nicht."<br />
Sie griff nach einer anderen Dose, auf der das Bild ein bisschen
schöner aussah. Dafür kostete sie auch zweiundvierzig Cent mehr.<br />
"Da hast du haargenau das gleiche", sagte Oscar in sarkastischem Ton. Sieht nur netter aus."<br />
"Dann müssen wir eben alles bio kaufen", fauchte Ginny.<br />
<br />
So ging es noch eine Weile weiter zwischen den beiden. Letztendlich
kauften wir die Billigdosentomaten, Lasagneblätter und Käse, der sogar
bereits gerieben war. Erstaunlich, wie viel Arbeit einem in so einem
Supermarkt schon abgenommen wird. Oscar fand das überhaupt nicht
erstaunlich; er erklärte mir, dass es ganze Mahlzeiten gibt die im Laden
schon so weit fertig sind, dass man sie zu Hause nur noch aufwärmen
muss. Richtige Gerichte wie Lasagne oder Pizza! Oscar zeigte mir ein
paar dieser Fertigmahlzeiten in einer kalten Truhe, in der tatsächlich
kleine Kartons lagen auf denen man ein Stück Lasagne mit frischen
Kräutern und tropfendem Käse sah. "So was kriegt man, wenn man den
kleinen Karton in den Ofen schiebt?" Ich konnte es nicht glauben. "Wieso
nehmen wir nicht einfach das, anstatt alle Zutaten einzeln zu kaufen
und mühsam vorzubereiten?"<br />
<br />
"So toll schmecken tut das nicht", gab Oscar zu.<br />
"Und außerdem ist es wahnsinnig ungesund", ergänzte Ginny.<br />
<br />
Wir mussten Tomaten, Käse und Nudelblätter auf ein langes Band
legen, hinter dem eine Frau saß die alles über eine kleine Maschine zog.
Dabei machte die Maschine ein schrilles und unangenehmes Geräusch, das
aber niemanden zu stören schien. Ich begrüßte die Frau und sie nickte
mir ein bisschen genervt zu. Es war hier wohl nicht üblich, sich zu
grüßen. Vielleicht war sie auch überfordert, weil sie gleichzeitig in
wahnsinniger Geschwindigkeit unsere Sachen über das Band schob. Ich
hätte ihr gerne gesagt, dass sie sich nicht so zu beeilen brauchte, wir
hatten ja alle Zeit der Welt, aber da brummte sie schon eine Zahl vor
sich hin und Oscar steckte ihr einen Geldschein entgegen.<br />
"Wir teilen
das später durch drei", sagte er zu uns und wir zogen weiter.<br />
<br />
Da Ginny
gerne Pinienkerne für die Lasagne wollte aber es in dem billigen Markt
keine gab, gingen wir anschließend in einen anderen großen Laden, der
dem ersten ähnlich war – nur dass hier alles etwas schöner aussah. Das
Deckenlicht war warm, Obst und Gemüse glänzten frisch und die Kassen
waren fast leer.<br />
Die Menschen wirkten ein bisschen entspannter und ihre
Wägen waren nicht ganz so vollgestopft.<br />
Der Laden war noch größer als
der erste und es gab noch viel mehr Auswahl. Ich glaube, man konnte hier
fast jede Art von Nahrung erwerben die irgendwo auf der Welt wächst
oder hergestellt wird. Selbst Himbeeren und Annanas, dabei war es
tiefster Winter! Für jedes Lebensmittel gab es mindestens sechs
verschiedene Variationen mit unterschiedlichen Preisen und
unterschiedlichen Verpackungen. Es gab bestimmt zehn verschiedene Arten
von Tomatenkonserven. Ginny und Oscar schienen den Laden beide nicht so
zu mögen.<br />
<br />
"Alles ist doppelt so teuer, nur weil es nett hergerichtet ist", brummte Oscar.<br />
Ginny stimmte ihm ausnahmsweise zu. "Wenn man schon bereit ist,
mehr Geld für Essen auszugeben, dann sollte man ja wohl das kaufen, was
unter guten Bedingungen hergestellt wurde und nicht mit Giften
vollgepumpt ist. Nicht das, was einfach nur schön aussieht."<br />
"Tja", sagte Oscar, "so funktioniert der Mensch eben. Zuerst
entscheidet der Preis, dann das persönliche Einkaufserlebnis. Wer ist
schon bereit, mehr Geld zu zahlen, wenn er selbst nichts davon hat?"<br />
"Man hat ja wohl sehr viel davon, Gemüse ohne Gift zu essen!"<br />
<br />
Oscar verdrehte genervt die Augen. "Es ist aber anstrengend,
dauernd darüber nachzudenken wo welche Gifte versteckt sind und was
ungesund ist und was nicht. In der Zeit beschäftige ich mich lieber mit
wichtigeren Dingen."<br />
"Aber man sollte ja wohl wenigstens darüber nachdenken, ob für das,
was man kauft, jemand leiden musste. Wenn Tiere gequält werden oder
Menschen ausgebeutet", Ginny zog das Wort bedeutsam in die Länge, sie
benutzt es sehr häufig, "dann kann man doch ruhig mal vierzig Cent mehr
bezahlen, um so etwas nicht zu unterstützen."<br />
<br />
"So denkt der Mensch aber nicht. Dinge, die nicht kausal zu
erkennen sind, lösen keine emotionale Wirkung aus, deshalb wird ihnen
auch keine primäre Wichtigkeit zugemessen." Oscar sah uns mit dem
gleichen Blick an, mit dem er uns manchmal etwas über das Bankwesen
erklärt. "Wenn wir etwas kaufen, dann sehen wir ja nicht, welche
Auswirkungen das für irgendwelche Bauern oder Tiere hat. Deshalb ist es
den Leuten auch herzlich egal." Er warf Ginny ein triumphierendes
Lächeln zu.<br />
"Sehr traurig", sagte Ginny.<br />
<br />
"Tja, so ist es aber. Deshalb macht es auch keinen Sinn, das Wesen
des Menschen verändern zu wollen, so wie ihr es mit euren nerventötenden
Demonstrationen und diesem ganzen linken Zeugs versucht. Man sollte
lieber selbst schauen, wie man am besten zurecht kommt."<br />
Ginny schüttelte heftig den Kopf, sodass ihre Rasterlocke hin und
her flog. "Das sehe ich aber ganz anders. Warum gibt es denn plötzlich
so eine große Nachfrage an Bioprodukten? Wieso ändern sich überhaupt
Dinge in der Welt?..." (Und so weiter).<br />
<br />
Es war also doch nicht ganz möglich, dem alltbekannten
Streitgespräch zu entkommen, das bei Ginny und Oscar irgendwann immer in
einer Grunddebatte über Menschenbilder und Moral endete. Ganz egal,
worüber die beiden redeten. Selbst wenn es um so profane Dinge wie das
Wetter oder Sockenkauf ging.<br />
Ich war ein bisschen erleichtert, als wir den letzten Einkaufsort
betraten. Ein kleines Lädchen, in dem es nach Holz und Seife roch. Es
gab weit weniger Auswahl als in den Läden davor, nicht alles steckte in
Papier und Plastikfolie und es gab nur eine einzige Kasse, hinter der
ein Mann mit Schürze stand. Er begrüßte uns sogar beim Hereinkommen.<br />
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Oscar suchte im Kühlregal nach seinem Fleisch, Ginny stand daneben und
murmelte ein paar Kommentare vor sich hin. "Der gute Geschmack von
Fleisch ist wirklich kein hinreichendes Argument für das unendliche Leid
der Tiere, das wir dafür in Kauf nehmen."<br />
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Oscar nahm genervt die Hackfleischpackung in die Hand und spielte
damit vor Ginnys Nase herum, dabei stieß er ein leises Quiken aus. "Guck
mal, ich war mal ein Schweinchen, ich wurde geschlachtet. Und jetzt
lande ich gleich auf Oscars Teller. Muahahaha." Er lachte.<br />
Ginny kaufte ihren Fleischersatz, der sogar einen Namen hatte: Hackepeter.<br />
Dann liefen wir endlich zurück zu Oscars Wohnung und begannen das gemütliche Beisammensein.<br />
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